Christine Lambrecht tritt als Verteidigungsministerin zurück. Schon seit Freitag (13. Januar 2023) ging das Gerücht durch die Medien, am Montag bat sie offiziell um ihre Entlassung. Wer übernimmt jetzt die Führung im Verteidigungsministerium? Bundeskanzler Olaf Scholz sagte noch am selben Tag, er habe eine klare Vorstellung darüber. "Das wird sehr schnell bekannt werden, wie das weitergehen soll." Und dennoch kam am Montag erstmal nichts. Scholz war mit anderen Terminen beschäftigt, sehr zum Unmut der Union.

Der Kanzler besuchte die Stadt Ulm, die Auswahl der dortigen Unternehmen war jedoch etwas verwunderlich: erst ging es zu einer Brauerei, dann zu einer Rüstungsfirma. Im Traditionsbetrieb "Gold Ochsen" lässt sich Scholz von der Krise im Kabinett nichts anmerken. Er zeigte sich gut gelaunt und entspannt, gönnte sich eine Kostprobe vom untergärigen Vollbier, für das die Region bekannt ist. Fragen zur Verteidigungsministerin soll er dabei ignoriert haben.

Scholz-Termin macht Ärger: "Wie ein Regionalpolitiker"

Erst als es im Anschluss zur Rüstungsfirma Hensoldt ging, sprach Scholz über die Lambrecht-Nachfolge.  Die Bundeswehr und alle, die sich um die Verteidigung bemühten, hätten verdient, dass die Nachfolge schnell geklärt werde, sagte er. Das geschah aber erst am Dienstag und in erster Linie über die Medien.

Der CDU-Verteidigungsexperte Johann Wadephul warf dem Kanzler vor, "wie ein Regionalpolitiker" vorzugehen. "Statt die Kommandogewalt über unsere Soldaten neu zu vergeben, sehen wir ihn mit einer Maß Bier beim Brauereibesuch", schimpfte er im Gespräch mit der "Bild". Die internationale Lage verlange "ein funktionierendes Ministerium". Auch der CSU-Generalsekretär Martin Huber ist verwundert, wie lange sich der Kanzler Zeit lässt. "Trotz dreitägiger Rücktrittshängepartie kann Kanzler Scholz keinen Nachfolger präsentieren. Das ist Dilettantismus pur", sagte er der Zeitung.

Auf den CDU-Generalsekretär Mario Czaja wirkten Scholz und die SPD unvorbereitet auf den Rücktritt Lambrechts - und das trotz tagelanger Spekulationen und Gerüchte. Auch im internationalen Kontext zeigt sich das: Am Donnerstag soll in Ramstein mit den westlichen Bündnispartnern über neue Waffenlieferungen für die Ukraine beraten werden. Ein ungünstiger Zeitpunkt aus Sicht der Unionspolitiker. Experten waren ebenso irritiert über die Zögerlichkeit des Kanzlers in der Verteidigungsminister-Frage. Die "unklaren Botschaften" aus Berlin sorgten "international für Unsicherheit und Skepsis", so der Ex-Oberkommandierender des US-Heeres in Europa, Ben Hodges, zum Magazin "stern". Für den neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius wird der Donnerstag also zur Feuertaufe.

mit Material der dpa