Der Bundestag hat am Donnerstag (20. Oktober 2022) die Energiepauschale für Rentner*innen beschlossen. Zwischen der ersten Diskussion des Gesetzesentwurfs und dem Beschluss lagen gerade mal rund eine Woche - bei diesem Tempo haben sich die Abgeordneten offenbar nicht von Details aufhalten lassen.

Sozialpolitiker Max Straubinger von der CSU bezeichnet das Gesetz als "schlampig gemacht". Er wies am Donnerstag im Bundestag auf die Versäumnisse im Gesetzestext hin: So gingen Opfer von Unfällen und Gewalttaten, die Anspruch auf Opferrente hätten, leer aus. Einen Tag vor der Verabschiedung des Gesetzes habe man zudem nicht einmal gewusst, ob Rentner die 300 Euro versteuern müssen oder nicht.

"Wissen wir nicht , klären wir später": Energiepauschale für Rentner wirft wichtige Fragen auf

Das bestätigt Antje Tillmann, finanzpolitische Sprecherin der Union laut Welt. Am Mittwoch tagte der Finanzausschuss, wo Vertreter*innen der Ampel-Regierung und des Bundesfinanzministeriums nach der Besteuerung gefragt wurden. Die Antwort sei gewesen: "Wissen wir nicht, klären wir später", so Tillmann. Aus ihrer Sicht sei es aber zwingend, dass Rentner die 300 Euro besteuern müssen, wenn ihre Einnahmen über den Freibeträgen liegen. Ansonsten wäre es "klar verfassungswidrig". Denn Berufstätige, die die Pauschale schon im September erhalten haben, mussten das Geld auch versteuern. Es gelte also der Gleichheitsgrundsatz.

Kerstin Griese von der SPD macht das in ihrer Rede im Plenum am Donnerstag ebenfalls deutlich. "Wer hohe Renten und Einkommen hat, zahlt Steuern darauf, das ist auch richtig so", sagt die parlamentarische Staatssekretärin des Bundesarbeitsministeriums. Im Gesetzestext steht dazu bislang aber nichts. Umgekehrt müsste es aber auch explizit im Einkommenssteuerrecht festgeschrieben werden, wenn hier eine Ausnahme für Menschen, die Rente beziehen, gelten soll. Es müsse quasi ein neuer "Steuertatbestand" für Rentner geschaffen werden, wie Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler im Gespräch mit Welt erklärt.

Das Finanzministerium verweist hingegen auf ein anderes Gesetz, dass die Versäumnisse aufarbeiten soll. Die steuerlichen Regelungen für die zweite Energiepreispauschale soll im "Jahressteuergesetz 2022" behandelt werden. Dieses Gesetz umfasst alle möglichen Änderungen, von der Digitalisierung über die Anpassung an das EU-Recht bis zu "Anpassungen auf Grund von vorangegangenen Gesetzesänderungen und Fehlerkorrekturen". Unter letzteren Punkt wird wahrscheinlich die Steuerregelung für die Energiepauschale fallen. Bis Ende 2022 soll das Jahressteuergesetz umgesetzt werden.

Wie wird die Gaspreisbremse versteuert? Formulierung macht stutzig

Auch bei der Gaspreisbremse könnte es zu Verwirrungen kommen, wenn das Gesetz nicht ordentlich ausgearbeitet wird. In einem Zwischenbericht der Expertenkommission Gas und Wärme steht zum Beispiel, die geplante Einmalzahlung im Dezember sei bei der Einkommenssteuererklärung als "geldwerter Vorteil" anzugeben. Im Steuerrecht ist ein geldwerter Vorteil bisher aber nur als Zusatzleistung des Arbeitgebers für die Arbeitnehmer*innen bekannt. Das können zum Beispiel Rabatte für Mitarbeitende oder ein Firmenwagen sein. "Offensichtlich war die Gaspreiskommission nicht so tief im Steuerrecht drin, als sie von einem 'geldwerten Vorteil' schrieb", so Karbe-Geßler. Wie genau die Einmalzahlung zu versteuern ist, bleibt somit unklar. Dafür müsse aus Sicht des Bundes der Steuerzahler ebenfalls ein neuer Tatbestand im Steuerrecht geschaffen werden.