Transfeindliche Gewalt ist nichts Neues und der aktuelle Fall eines trans Mannes, der in Münster beim "Christopher Street Day" (CSD) totgeprügelt wurde, ist kein Einzelfall.  Er zeigt aber erneut und auf erschreckende Art und Weise, welche Früchte Hass, Hetze und Desinformation tragen. Zugeschlagen hat ein einzelner Täter, Mitschuld am Tod des mutigen jungen Mannes tragen aber noch mehr Menschen.  Gewalt gegen queere Menschen nimmt zu Es ist ein Klima der Angst. In den letzten Jahren hat queerfeindliche Gewalt stetig zugenommen, aber dennoch waren die vergangenen Monate eine weitere Steigerung. Immer wieder, vor allem, wenn es um die Selbstbestimmung von trans Menschen geht, machen die immer gleichen Scheinargumente die Runde, werden die gleichen Falschbehauptungen aufgestellt. Das Schlimme ist dabei, dass gerade in den letzten Monaten transfeindliche Meinungen Plattformen erhalten haben, die ihnen zu Millionenreichweiten verhelfen. Da werden längst widerlegte Behauptungen gebetsmühlenartig wiederholt, in der Hoffnung, dadurch die Deutungshoheit zu gewinnen.  Fake News darüber, was angeblich anderswo in der Welt passiert, wenn trans Personen ihren Geschlechtseintrag und Namen einfacher ändern dürfen, sind ein fester Bestandteil des transfeindlichen Konzerts an Übertreibungen, Hetze und ganz banalen Lügen. Es werden absurde Fantasien geschildert, dass angeblich trans Frauen bald in „Frauenschutzräume“ wie Toiletten und Umkleiden eindringen würden, wenn sie ein „w“ in ihrem Pass stehen haben. Wie absurd und schwachsinnig solche Unterstellungen sind, ergibt sich bereits nach kurzem Nachdenken, spätestens aber nach einer kurzen Recherche. Es wird auch die völlig irrationale Angst geschürt, junge Frauen würden, um der Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts zu entgehen, sich „selbst verstümmeln“ und massenhaft geschlechtsangleichende OPs anstreben. Wer sich mit dem Thema beschäftigt, begegnet täglich diesen und vielen anderen völlig abwegigen Behauptungen, die vor allem ein Ziel haben: Angst schüren. Trans Personen sollen als Gefahr dargestellt werden, als Bedrohung, die es einzugrenzen gilt. Sie sollen nicht sichtbar sein, am besten gar nicht existieren. Medien mit großer Reichweite gehen dieser Masche wissentlich oder unwissentlich auf den Leim und erzeugen eine falsche Balance in einer Debatte über das Existenzrecht von trans Menschen, die es so gar nicht geben dürfte, denn Menschenrechte sind keine Diskussion.  Kaum ein Tag ohne Hass und Hetze Spätestens seit dem 30. Juni, als die Eckpunkte eines Entwurfs für ein Selbstbestimmungsgesetz vorgestellt wurden, vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein reichweitenstarker Artikel erscheint, in dem genau diese Scheindebatte weiter befeuert wird. Da bleibt zwangsläufig etwas hängen und zahlt auf bestehende Vorurteile und Ressentiments ein. Queere Menschen, trans Personen sind für einige Menschen nicht nur „anders“, sondern auch „widernatürlich“, verdächtig und etwas, gegen das man vorgehen sollte.  Natürlich haben weder rechte Publizist*innen noch ihre Verbündeten, sogenannte TERFs (trans-exkludierende Radikal-Feminist*innen) dazu aufgerufen, trans Personen direkt körperlich anzugreifen. Darauf wird im Nachgang des tödlichen Angriffs in Münster beinahe schon süffisant verwiesen, doch darum geht es doch auch gar nicht. Es geht um die Atmosphäre von Falschinformation und Angstmacherei, die bei manchen Menschen verfängt und diese vielleicht nicht direkt ermutigt, aber die Hemmschwelle zu Gewalt sinken lässt, weil sie sich im Recht fühlen, weil sie sich bestätigt fühlen. So etwas nennt man „stochastischen Terror“: Eine Aussage muss nicht direkt an jemanden gerichtet sein, findet aber ihren Adressaten und kann dann natürlich nicht als Ursache identifiziert werden.  Dies ist auch hier der Fall. Der Angreifer in Münster ist ein Einzeltäter, im übertragenen Sinn klebt das Blut des totgeprügelten trans Mannes aber an vielen Händen. Anstatt durch Scheindebatten trans Menschen weiter in Gefahr zu bringen, sollten gerade wir Medien den aktuellen Fall zum Anlass nehmen, über die Art nachzudenken, wie berichtet wird und wem man eine Plattform bieten will. Die Gewalt muss endlich enden und alle müssen dazu ihren Teil beitragen.