• Mittelalterliches jüdisches Erbe
  • Auf kulturellen Spuren in Speyer, Worms und Mainz
  • UNESCO-Kulturerbe-Stätten besuchen

Die drei Städte Speyer, Worms und Mainz sind bedeutende Städte des jüdischen Lebens im Mittelalter gewesen. Unter der Bezeichnung "SchUM" gehörten sie zu den Zentren des jüdischen Lebens in Deutschland und waren maßgeblich für das Erblühen der jüdischen Kultur und auch des Austausches mit den Christen. Seit dem 27. Juli 2021 gehören die drei rheinland-pfälzischen Städte zum UNESCO-Welterbe. Monumente, Friedhöfe, Plätze und Synagogen zeugen heute noch von dieser Vergangenheit, die du bei einem Ausflug in diese Städte auch besuchen kannst. 

Was ist eigentlich SchUM?

Zum SchUM-Verbund gehörten im Mittelalter drei deutsche Städte, die sich heute allesamt im rheinland-pfälzischen Landesgebiet befinden: Speyer, Worms und Mainz. Der Verbund beeinflusste die Gestaltung jüdischer Gemeindezentren, Synagogen und Friedhöfe und war für die jüdische Tradition vorbildhaft. Diese Vorbildfunktion erfüllte der SchUM-Bund ab dem 12. Jahrhundert auch über die regionalen Grenzen hinaus. Die Städte galten als Zentren jüdischer Gelehrsamkeit. Sie prägten die Architektur, Kultur, Religion und Rechtsprechung in ganz Mittel- und Osteuropa. 

Ein Akronym

Die Bezeichnung SchUM bildet sich aus den Anfangsbuchstaben der mittelalterlichen hebräischen Städtenamen. Dabei steht "Sch" für den hebräischen Laut "Schin" wie in Schpira, was Speyer bedeutet. Das "U" steht für den hebräische "Waw" wie in Warmaisa, was Worms bedeutet. Und "M" steht für "Mem" wie in Magenza, dem hebräischen Wort für Mainz

Diese Spuren gibt es noch in Speyer

Das ehemalige Judenviertel in Speyer, der Judenhof, beinhaltete eine sogenannte Mikwe. Dabei handelt es sich um ein jüdisches Ritualbad. Eine Mikwe war für die Juden in Speyer und anderen jüdischen Gemeinden ein zentraler Ort. Die Monumentalmikwe aus der Zeit um 1120 in Speyer ist noch erhalten. Sie ist somit das älteste erhaltene Ritualbad seiner Art in Europa. 

Das Tauchbecken befindet sich unterirdisch 

Unterirdisch befinden sich in der Mikwe noch das Tauchbecken, diverse Vorräume und auch Umkleiden. Im Umfeld der Mikwe befinden sich darüber hinaus Überreste einer jüdischen Synagoge, die 1104 errichtet worden ist. Auch Überreste der Frauenschul aus der Mitte des 13. Jahrhunderts kannst du noch entdecken. 

Die jüdische Gemeinde in Speyer fand im 15. Jahrhundert ihr Ende und die Synagoge wurde dann seitens der Stadt ab 1529 für andere Zwecke weitergenutzt. Im Laufe der Zeit zerstörten Brände, Zerfall und Abrisse das Mauerwerk nach und nach. Zwar wurde die jüdische Gemeinde Ende des 18. Jahrhunderts neu gegründet. Doch die Shoa setzte der Gemeinde erneut ein Ende. Erst Mitte der 1990er Jahre formierte sich eine neue Gemeinde, und eine neue Synagoge konnte 2011 eingeweiht werden. 

Museum am Eingang zum Judenhof

Das Museum SchPIRA ist seit 2010 am Eingang des Judenhofs geöffnet. Hier kannst du Relikte und Ausgrabungen zur Blütezeit der jüdischen mittelalterlichen Geschichte sowie Grabsteine aus dem 12. bis 15. Jahrhundert sehen. Grabsteine vermitteln ein Bild der Menschen dieser Gemeinde, wie sie hier lebten. Die Grabsteine selbst sind archäologische Funde. Denn sie wurden teilweise als Baumaterial in Brücken und Treppen verwendet. Außerdem kannst du weitere Relikte wie Fenster, Kapitelle und den Münzschatz "Schatz von Lingenfeld" bestaunen. 

Worms als religiöses Zentrum

Auch in Worms findest du viele Spuren jüdischen, mittelalterlichen Lebens. Hier befindet sich der wohl älteste jüdische Friedhof "Heiliger Sand". Die heute noch gut sichtbaren, gut 2500 Grabsteine stammen aus den Jahren ab 1058/59. Auch Gräber bedeutender Rabbiner und Gelehrter sind hier zu finden. Sie stehen neben Gräbern jüdischer Märtyrer*innen sowie einfacher Gemeindemitgliedern. 

Auch im Mittelalter fanden Judenvertreibungen und Pogrome statt. Selbst die Shoa konnte dieser Friedhof in Worms beinahe unbeschadet überstehen. Die fast 1000-jährige Geschichte der jüdischen Gemeinde in Worms ist mit den letzten Deportationen 1942 brutal beendet worden. Seit der Bewerbung der Stätte als UNESCO-Kulturerbe wurde die Verzeichnung der Grabsteine vorangetrieben. 

Wormser jüdisches Leben

Heute kann in Worms anhand von Stadtmauerresten und Eingangstoren gut nachverfolgt werden, wo das Judenviertel sich befunden hat. Die Nachvollziehbarkeit des Originalverlaufs und die Wiederbebauung der Judengasse wurde in den 1960er Jahren möglich. Unter einigen modernen Häusern befinden sich heute noch immer jüdische, historische Kellergewölbe. Darüber hinaus befindet sich in der Judengasse bzw. am Synagogenplatz ein Ensemble mit Synagoge, Frauenschul und Mikwe. 

Jüdisches Viertel in Mainz

Auch die rehinland-pfälzische Landeshauptstadt hatte eine große Bedeutung als Zentrum jüdischen Lebens in Deutschland. Allzu viele Spuren sind leider nicht mehr davon vorhanden. Sowohl das frühneuzeitliche jüdische Viertel als auch das mittelalterliche Ghetto sind durch viele Pogrome zerstört worden. Im Jahr 1438 wurden die Juden zunächst aus Mainz ausgewiesen, und dann 1470/71 endgültig der Stadt verwiesen. 

Heiliger Ort als städtischer Kohlenkeller

Nach dem Weggang der Juden aus Mainz ist die Synagoge einer anderen Nutzung zugewiesen worden. Sie fungierte ab dann als städtischer Kohlenkeller. Erst gut 100 Jahre später ließen sich wieder Juden in Mainz nieder. In der Reichpogromnacht wurden dann auch in Mainz zahlreiche Synagogen, Betstuben und das 1926 eröffnete "Museum Jüdischer Altertümer" zerstört. Erst 2010 wurde die neue Synagoge als architektonisch spektakulärer Synagogenbau in Mainz eingeweiht. 

Noch erhalten ist der jüdische Friedhof

Was noch erhalten ist, ist der jüdische Friedhof "Judensand" in Mainz. Er gilt als zweitältester jüdischer Friedhof Europas, nach dem Friedhof in Worms. Teilweise wurden auch in Mainz jüdische Grabsteine beim Bau von Häusern wiederverwendet. Diese kommen seit den 1820er Jahren durch Bauarbeiten wieder ans Tageslicht und konnten 1926 zu einem Denkmalfriedhof vereint werden.