Brüssel
EU-Richtlinie

Änderungen beim Führerschein 2023 - einige Regelungen gelten für alle Autofahrer

Richtlinien für den Führerschein könnten sich im Jahr 2023 noch grundlegend ändern. Die EU hat dazu einen eindeutigen Beschluss verabschiedet.

Immer wieder gibt es neue Regelungen für Autofahrer im täglichen Straßenverkehr. Erst Anfang 2023 endete für einige Jahrgänge die Frist zum Führerscheinumtausch, wie bereits berichtet. Und auch neue Verkehrsschilder sorgen häufig für Verwirrung. So wie das Schild mit einem Fahrrad und ein Motorrad in einem roten Kreis, oder etwa die grüne Linie in einem weißen Kreis

Und es stehen weitere Änderungen rund um die Fahrerlaubnis an. Und diese Regelungen betreffen dann 2023 alle Autofahrer. Die EU-Kommission hat ihre Richtlinie für Führerscheine überarbeitet. Gerade für alle, die ihre Fahrerlaubnis erst noch machen wollen, wird es damit deutlich schwerer. 

Änderung beim Führerscheinen ab 2023: Nur noch mit Attest Autofahren?

Die EU-Kommission hat Anfang März ihren Vorschlag für die Führerscheinänderungen vorgelegt - mit einer großen Überraschung. Bislang galt: Wer einmal in Deutschland seinen Auto- oder Motorradführerschein gemacht hat, konnte bis ins hohe Alter problemlos damit fahren. Das soll sich mit der neuen Richtlinie ändern.

Organisation:  Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC)
Gründung:  24. Mai 1903, Stuttgart
Mitglieder: 21.231.584 (Ende 2021)
Beschäftigte:  2.668

Denn nun soll ab einem Alter von 70 Jahren die Fahrtauglichkeit alle fünf Jahre geprüft werden. Der Arzt oder die Ärztin müssen also per Attest bestätigen, dass eine Person noch fahrtüchtig ist. Das könnte durch Seh-, Hör- und Reaktionstests geschehen. In einigen EU-Ländern wie Italien ist das bereits gängige Praxis. Wie genau der Fahrtauglichkeits-Check laut EU-Kommission aussehen soll, ist noch unklar. 

Diese neueste Ergänzung der Führerscheinreform wird jedoch kritisiert. So heißt es vom ADAC: "Zwar kann es mit zunehmendem Alter zu Leistungseinbußen kommen, dennoch ist das Unfallrisiko älterer Kraftfahrer nicht außergewöhnlich hoch." Der Automobilclub lehne daher Maßnahmen ab, die sich auf ein bestimmtes Alter beziehen. Das bisherige System in Deutschland sei ausreichend.

Krankheiten oder Medikamente können die Verkehrssicherheit beeinträchtigen

Die Führerscheinbehörde kann demnach bisher nur in begründeten Fällen die Fahrerlaubnis für Auto oder Motorrad überprüfen lassen. Der ADAC räumt zwar ein, dass bestimmte Krankheiten oder Medikamente die Verkehrssicherheit beeinträchtigen können, das gelte jedoch für alle Altersgruppen. In so einem Fall sollte man medizinischen Rat zur eigenen Fahreignung einholen.

Eine weitere große Führerschein-Neuerung ist die Erweiterung des Führerscheins der Klasse B. Bislang darf man damit nur Kraftfahrzeuge bis zu einer Gesamtmasse von 3,5 Tonnen fahren. Diese zulässige Gesamtmasse soll nun auf 4,25 Tonnen angehoben werden.

Vor allem für Camping-Fans ist das eine gute Nachricht. Denn laut dem ADAC sind die meisten Wohnmobile zu schwer für den normalen Führerschein. Wer ein Wohnmobil oder einen Transporter fahren möchte, kann das dann auch mit der Fahrerlaubnis für die Klasse B.

Erweiterung der Fahrzeugklassen - das ändert sich bald bei Pkw und Motorrad

Auch für Motorradfahrer*innen werden die Führerschein-Regeln mit der neuen Richtlinie voraussichtlich gelockert. Die EU legt besonders viel Wert darauf, dass die Regeln in den Mitgliedsländern vereinheitlicht werden. Beim Führerschein B196 ist das bislang aber noch nicht der Fall. Mit dieser Erweiterung des Pkw-Führerscheins darf man Leichtkrafträder bis 125 cm fahren - das gilt nur in Deutschland. National geltende Regeln sollen jedoch künftig in der ganzen EU anerkannt werden. Motorradfahrer*innen dürften dann ihre 125er-Maschine auch im EU-Ausland fahren.

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Die Digitalisierung soll ebenfalls durch eine App-Nutzung vorangetrieben werden. Mit der neuen Richtlinie wäre ein digitaler Führerschein bei einer Polizeikontrolle oder der Autovermietung ausreichend. Das soll über eine entsprechende App auf dem Handy funktionieren.

Die Einführung einer solchen App ist 2021 in Deutschland gescheitert, dank der EU-Richtlinie könnte der digitale Führerschein eine zweite Chance bekommen. Auch die Führerscheinkarte könnte in Zukunft anders aussehen: Statt des Chips soll ein QR-Code auf die Karte, um den Führerschein fälschungssicherer zu machen.

Auffrischungskurs für Fahranfänger: Das plant die EU

Für Fahrschüler*innen gibt es in gleichem Maße Änderungen. So soll das Mindestalter für Lkw- und Busführerscheine auf 18 Jahre abgesenkt werden. Bislang darf man die Klasse C für Lastwagen erst mit 21 Jahren erwerben, die Klasse D für Busse sogar erst mit 24 Jahren. Da in vielen Ländern jedoch ein akuter Mangel an Berufskraftfahrern herrscht, will man die Regeln lockern.

Beim Führerschein fürs Auto gibt es dagegen strengere Regeln für Fahrschüler*innen. Es ist angedacht, dass die praktischen Fahrstunden erst nach bestandener Theorieprüfung beginnen dürfen. Die Fahrprüfung könnte auch in Simulatoren abgenommen werden, zumindest in Teilen. Außerdem sollen Anfaenger nach einem Jahr mit Führerschein einen "Refresher-Kurs" besuchen. Die Teilnahme wäre verpflichtend. Der Auffrischungskurs wurde von Verkehrssicherheits-Fachleuten empfohlen, um die Unfallzahlen zu senken. 

Im Gegenzug wird den Prüflingen aber auch eine Erleichterung versprochen: Die Wohnsitzregelung könnte aufgeweicht werden. Dann wäre es möglich, die theoretische und praktische Prüfung in unterschiedlichen EU-Mitgliedsstaaten zu absolvieren. Diesen Schritt begründen die Politiker*innen mit der zunehmenden Mobilität der Bevölkerung.

Verstöße im Straßenverkehr: EU will einheitliche Strafen

Doch was bedeuten die geplanten Änderungen für Fahrschüler*innen und Fahranfänger*innen im Einzelnen? Gegenüber der Redaktion hat sich der Vorsitzenden des in Koblenz ansässigen Fahrlehrer-Verbands Rheinland klar dazu geäußert. Besonders kritisch sieht Jo Einig dabei die Regelung mit dem Simulator. 

Die gleichen Regeln in der EU bedeuten aber nicht nur mehr Freiheiten, auch die Strafen werden angepasst. In der neuen Führerscheinrichtlinie soll zum Beispiel die Länge des Führerscheinentzuges vereinheitlicht werden - und gegenseitig anerkannt. Wer ein Fahrverbot in Frankreich oder Italien bekommen hat, darf dann also auch in Deutschland nicht fahren.

Die gleichen Grenzwerte bei Alkohol und Drogen am Steuer in der ganzen EU sowie die Angleichung des Punktesystems sind ebenfalls in Arbeit. Polizeikontrollen sollen dadurch erleichtert werden, dazu sollen auch die Führerscheindaten aller EU-Bürger*innen in einer gemeinsamen Datenbank gespeichert werden.

Führerschein-Änderungen noch 2023: Wann kommt die Reform?

Doch wann kommen die Änderungen und bis wann werden sie umgesetzt? Gemäß dem Fahrplan der Initiative hat die EU-Kommission im ersten Quartal die 4. Führerscheinrichtlinie festgemacht. Der Vorschlag wurde Ende März vorgelegt. Jetzt geht er erstmal durch das EU-Parlament und den Rat der EU, im Laufe des Jahres 2023 sollte der Beschluss stehen.

Doch dann ist es Sache der einzelnen Länder, die Richtlinie in ihren Gesetzen zu verwirklichen. Ob Deutschland noch in diesem Jahr die Änderungen umsetzt, ist also durchaus nicht gesagt. Es könnten zudem noch weitere Änderungen dazukommen oder einzelne Punkte wegfallen, bis die Richtlinie verabschiedet wird.

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Vorschaubild: © Andrea Warnecke (dpa-tmn)