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Gender-Pay-Gap: So groß sind die Unterschiede bei der Bezahlung von Männern und Frauen

In vielen Bereichen der Gesellschaft gibt es immer noch geschlechtsspezifische Ungleichheiten - zum Beispiel in der Bezahlung. Wie viel das ausmacht und wie viel weniger Frauen noch immer verdienen im Vergleich zu Männern, erklären wir dir hier.
Für die gleiche Arbeit bekommen Frauen nicht immer automatisch das gleiche Gehalt wie Männer.
Für die gleiche Arbeit bekommen Frauen nicht immer automatisch das gleiche Gehalt wie Männer. Foto: CC0 / Pixabay / geralt
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  • Definition und Berechnung des Gender-Pay-Gaps
  • Aktuelle Zahlen in Deutschland
  • Der Equal Pay Day
  • Betroffene Branchen und Folgen der Lohnlücke
  • Fazit

Fairness in der Bezahlung: Ein Prinzip, welches längst nicht alle Frauen genießen. Seit dem Jahr 2006 wird die geschlechtsspezifische Lohndifferenz vom Statistischen Bundesamt berechnet und veröffentlicht. Was genau der sogenannte Gender-Pay-Gap aussagt, wie er sich entwickelt hat und was du sonst noch darüber wissen musst, haben wir für dich zusammengefasst.

Der Begriff des Gender-Pay-Gaps und die Methodik dahinter

Egal, ob du schon einmal selbst betroffen warst, es von Bekannten oder Verwandten gehört hast: Das Phänomen, dass Frauen in demselben Bereich schlechter bezahlt werden als Männer, ist sicher auch dir schon einmal begegnet. Dieser Umstand wird allgemein als "Gender-Pay-Gap" bezeichnet, auf Deutsch übersetzt auch "Lohnlücke" genannt.

Der Gender-Pay-Gap wird von dem Statistischen Bundesamt als die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Bruttoverdienst von Männern und Frauen definiert. Ausgedrückt wird der geschlechtsspezifische Verdienstunterschied in Prozent des durchschnittlichen Bruttoverdienstes des Mannes; wobei Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld nicht einberechnet werden.

Unterschieden wird zwischen dem bereinigten und dem unbereinigten Gender-Pay-Gap. Die sogenannte unbereinigte Lohnlücke wird bemessen am Bruttostundenlohn aller erwerbstätigen Männer und Frauen. So wird der Brutto-Stundenverdienst beider Geschlechter einer bestimmten Gruppe, beispielsweise nach Alter oder Branche, ermittelt. Anschließend wird der Gender-Pay-Gap mit dieser Formel berechnet((Durchschnittlicher Brutto-Stundenverdienst der Männer – durch­schnittlicher Brutto-Stundenverdienst der Frauen) / durch­schnittlicher Brutto-Stundenverdienst der Männer) x 100. Bei der Berechnung des bereinigten Gender-Pay-Gap werden strukturelle Faktoren zwischen den Geschlechtern herausgerechnet. Als beispielhafte Faktoren führt das Statistische Bundesamt unter anderem die Unterschiede bei Berufen, dem Umfang der Beschäftigung und dem Bildungsstand auf.

Höhe und Entwicklung der Lohnlücke und der Equal Pay Day

Die Erfassung des Gender-Pay-Gap im Jahr 2021 zeigte, dass Frauen immer noch 18 % weniger pro Stunde verdienten als Männer, so das Statistische Bundesamt. Die Zahl bezieht sich auf die unbereinigte Lohnlücke. Damit liegt der Gender-Pay-Gap in Deutschland höher als in den meisten anderen EU-Ländern. Das von der EU im Jahr 2016 ermittelte durchschnittliche Lohngefälle betrug 16,2 %. In diesem Jahr lag es in Deutschland bei 21 %, während es beispielsweise in Frankreich 15,2 %, in Italien 5,3 % und in Polen 7,2 % betrug. Die bereinigte Lohnlücke hingegen lag laut dem Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr in Deutschland bei nur 6 %.

Der allgemeine Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen wird durch den Equal Pay Day symbolisch gekennzeichnet. Im Jahr 2022 war dieser am 7. März 2022. Mit diesem Datum wird jener Tag markiert, an welchem die geschlechtsspezifische Lücke ausgeglichen wäre. Ausgegangen wird von der Lohnlücke von 18 %, welche umgerechnet 66 Tage wären. Der Tag weist auf die Ungerechtigkeit hin, dass Frauen theoretisch vom 1. Januar an 66 Tage umsonst arbeiten.

Der Gender-Pay-Gap hat sich in Deutschland in den letzten Jahren nur sehr langsam verringert. Während er zu Beginn der Erfassungen im Jahr 2006 noch 23 % betrug, ist er bis heute gerade einmal um 5 % abgesunken. Weshalb die Lohnlücke weiterhin bestehen bleibt, lässt sich zum großen Teil auf sogenannte strukturelle Unterschiede zurückführen. Damit gemeint ist, dass heutzutage viele Frauen Berufe erlernen, die schlechter bezahlt sind oder dass weibliche Personen seltener in Führungspositionen und dafür häufiger in Teilzeit- oder in Minijobs arbeiten. Ziel des Equal Pay Day ist es, die Debatte über die Gründe der Entgeltunterschiede an die Öffentlichkeit zu tragen. Es soll ein Bewusstsein entstehen und die Gesellschaft sensibilisiert werden, damit sich die Differenz in Zukunft schließen kann.

Der Gender-Pay-Gap in verschiedenen Branchen

Nicht in allen Branchen ist die Ungleichheit des Verdienstes gleich groß. Während in einigen Branchen der Gender-Pay-Gap sehr extrem ist, ist er in anderen kaum bemerkbar oder sogar negativ.

Eine Studie des Deutschen Kulturrats zum Thema Lohnlücke hat ergeben, dass der Gender-Pay-Gap im Bereich der Kunst besonders hoch ist. In diesem Bereich wird ein geschlechtsspezifischer Verdienstunterschied von fast 30 % erreicht. Dieser Unterschied ist in keiner anderen Branche so hoch. Aber auch andere Berufsfelder erreichen extrem hohe Werte. Die drei größten Gender-Gaps, die verzeichnet werden, treten beim Bekleidungs-, Elektronik-, Kraftfahrzeug- und Hartwarenverkauf, dem Verkauf von Lebensmitteln und der Metallbearbeitung auf. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung stellt den Verkaufsberuf als einen Mischberuf dar, den Lebensmittelverkauf als "Frauenberuf" und die Metallbearbeitung als "Männerberuf". Die Lohnlücke in der ersten Branche beträgt ganze 27 %, die in der zweiten erwähnten Branche 24 % und die in der dritten 23 %. Besonders bei jenen Berufen, bei denen der Lohn mit der Anzahl der Arbeitsstunden überproportional ansteigt, sei die geschlechtsspezifische Lohnlücke größer.

In Berufen, die kein ausgewogenes Geschlechterverhältnis haben, ist der Gender-Pay-Gap laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung nicht so ausgeprägt beziehungsweise sogar negativ. Beispielhaft werden "Frauenberufe" wie die Praxishilfe oder Pflegeberufe aufgeführt, wo die Lohnlücke gerade einmal 5 % beträgt. Das Gegenbeispiel eines "Männerberufes", wie etwa im Bereich der Fahrzeug-, Luft-, Raumfahrt- und Schiffbautechnik, zeigt, dass der Gender-Pay-Gap sogar negativ sein kann. Frauen, die einen solchen "Männerberuf" ergreifen, verdienen etwa sieben Prozent mehr als ihre männlichen Kollegen.

Folgen des Gender-Pay-Gaps

Eines der Folgen, auf die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung e.V. aufmerksam macht, ist der offensichtliche Fakt, dass Frauen im Vergleich zu Männern durchschnittlich auch weniger Geld zur Verfügung steht. Demzufolge seien Frauen mehr und häufiger auf Sozialleistungen angewiesen.

Des Weiteren ist für Frauen der Anreiz, arbeiten zu gehen beziehungsweise mehr zu arbeiten, oftmals geringer, wenn sie den Gender-Pay-Gap im Hinterkopf haben. Im Umkehrschluss geht damit ein Wachstumspotenzial verloren, welches theoretisch vorhanden wäre. Frauen schätzen häufig beispielsweise ihre Chancen für einen Aufstieg im Beruf schlechter ein und schöpfen nicht ihr volles Können und Wissen aus. Eine Auswertung des WSI-Tarifarchivs bestätigte, dass etwa jeder vierte Mann, aber nur jede sechste Frau die eigenen Aufstiegschancen für gut einschätzt.

Mit einem Blick auf die langfristigen Folgen zeigt sich das Phänomen des Gender-Pension-Gap. Da sich die Rentenhöhe nach dem Verdienst bemisst, heißt dies für Frauen, dass sie eine geringere Rente erhalten als Männer. In Deutschland lag der Gender-Pension-Gap 2019 bei über 45 %. Große Unterschiede sind dabei zwischen den alten und den neuen Bundesländern festzustellen: Während in den alten Bundesländern die Lücke etwa 55 % betrug, waren es in den neuen nur 23 %.

Fazit

Der Gender-Pay-Gap bringt für Frauen zahlreiche kurz- und langfristige Folgen mit sich. Das Bewusstsein für die Ungleichheit in der Bezahlung hat in den letzten Jahren jedoch zugenommen. So engagieren sich viele Frauen und Männer weltweit für das Prinzip "Equal Pay", also eine faire Bezahlung. Für eine gerechte Entlohnung kämpft unter anderem auch die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di).

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung postuliert, dass von der Arbeitgeber*innenseite eine Veränderung in der Arbeitsorganisation die Lohnlücke reduzieren könnte. Zudem könnten eine Förderung von Top-Sharing und eine größere Tarifbindung die geschlechtsspezifische Lohnlücke vermindern. Unternehmen, die sich für eine Pay Equality einsetzen, sind auf dem modernen Arbeitsmarkt häufig sogar attraktiver. Als Angestellte*r ist es wichtig, dass du transparent kommunizierst und deinen Vorgesetzten mitteilst, wenn du merkst, dass du in Bezug auf die Bezahlung diskriminiert wirst. Seitens der Politik ist vermutlich schon bald mit einer neuen Richtlinie zu rechnen, welche den Gender-Pay-Gap schließen soll. Einen entsprechenden Entwurf der Europäische Kommission gibt es bereits. Wie die Umsetzung genau aussieht, und wann der Vorschlag realisiert wird, ist noch unklar. Mit Zuversicht blicken wir einer Zukunft entgegen, in welcher der Gender-Pay-Gap hoffentlich nur noch der Vergangenheit angehört.