"Fast alle Long-Covid-Patienten waren bereits vorher krank", titelte die Bild am Mittwoch, dem 13. Juli in ihrer Onlineausgabe. Das Blatt beruft sich dabei auf eine Auswertung des Zentralinstituts der Kassenärztlichen Versorgung (ZI). Das ZI hatte für das Jahr 2021 ausgewertet, welche Menschen besonders häufig an Long-Covid litten. Demnach waren 96 Prozent aller Menschen, die im Quartal 4 des Jahres 2021 die Diagnose "Post-Covid" bekamen, bereits im Jahr 2020 mindestens einmal in Behandlung. Ist also alles gar nicht so schlimm? Trifft Long- und Post-Covid nur Menschen, die bereits krank waren und kann gesunden Menschen nichts passieren? So scheint es zumindest ZI-Geschäftsführer Dominik von Stillfried zu sehen: "Den Fall der jungen Frau, die noch nie etwas hatte und dann nach Infektion unter massiven Long-Covid-Komplikationen leidet, gibt es – aber eben nur sehr, sehr selten. Man muss dem Eindruck entgegentreten, dass jeder nach Covid mit Post-Covid und schweren Auswirkungen rechnen muss – das zeigen die Daten nicht", sagte er gegenüber der Bild. Vorerkrankungen bei Post-Covid: Was sagen die Daten? In der Auswertung des ZI zeigt sich, dass 96 Prozent der Post-Covid-Patienten bereits im Jahr 2020 mindestens einmal in Behandlung waren. Dies hört sich zunächst nach einem eindeutigen Zusammenhang an. Allerdings bleibt zu bedenken, dass in normalen Jahren ohne Corona ebenfalls rund 90 Prozent der Menschen mindestens einmal pro Jahr beim Arzt in Behandlung sind. Rein rechnerisch war jeder Deutsche im Jahr 2019 zehnmal beim Arzt. Jedoch zeigt sich, so die Experten vom ZI, dass Patienten mit Post-Covid-Diagnose zuvor häufiger wegen Rückenschmerzen, Atemwegserkrankungen, Übergewicht und psychologischen Problemen beim Arzt waren, als Menschen ohne Post-Covid. Inwieweit aber beispielsweise Rückenschmerzen - die mit Abstand häufigste Vorerkrankung in der ZI-Auswertung - einen Einfluss auf Post-Covid haben kann, sagen die Experten des Zentralinstituts der Kassenärztlichen Versorgung nicht. Hierauf gibt Professor Christoph Kleinschnitz, Direktor der neurologischen Klinik an der Uniklinik Essen, eine Antwort: Demnach liegen bei vielen Post-Covid-Patienten keine oder nicht in erster Linie körperliche Schädigungen vor. Vielmehr müsse man auch die psychologischen Folgen einer Covid-Erkrankung beachten.  "Die Daten unserer Studie zeigen, dass die Psychologie, die seelische Belastung - durch die Pandemie oder durch bestehende Vorerkrankungen im psychiatrischen Bereich - in der Tat ganz wichtig sind bei der Symptomentstehung von Long Covid", sagte Kleinschitz Anfang des Jahres gegenüber des WDR." Jedoch bedeute "das nicht - da möchte ich nicht falsch verstanden werden - dass die Leute sich alles einbilden. Der Leidensdruck und die Symptome sind ohne Zweifel vorhanden." Wie gefährlich sind Long -Covid und  Post-Covid wirklich? Wie gefährlich Long- und Post-Covid Erkrankungen sind, darüber sind sich die Experten noch uneinig. Eine Studie aus den USA hatte zuletzt beispielsweise Hinweise darauf gefunden, dass die Gefahr einer Post-Covid-Erkrankung und weiterer gesundheitlicher Probleme mit jeder Ansteckung mit dem Coronavirus wächst. Demnach verdoppelte sich auch die Sterbewahrscheinlichkeit bei der Reinfektion mit dem Coronavirus.  Tatsächlich litten und leiden hunderttausende Menschen nach einer Coronainfektion an länger anhaltenden gesundheitlichen Beschwerden. Selbst wenn man davon ausgeht, dass viele Erkrankungen psychische Ursachen haben oder Menschen mit Vorerkrankungen treffen, bleiben tausende Menschen übrig, die ohne Vorerkrankung große gesundheitliche Probleme nach ihrer Covid-19-Erkrankung haben. Außerdem schadet jede Erkrankung dem Körper und belastet das Immunsystem der Menschen. Andererseits haben auch viele Menschen keine Beschwerden nach einer Coronainfektion. Zudem sinkt das Risiko schwerer Covid-Verläufe erwiesenermaßen, je jünger und gesünder die Menschen sind. Auch die Impfung senkt das Risiko schwerer Verläufe. Man sollte die Gefahr einer Coronainfektion deswegen weder über- noch unterschätzen.