Gibt es eine Grundlage für das Weihnachtsgeld? Freiwillige Zahlungen sind wackelig Krankheit und Kündigung sind Sonderfälle Für etwas mehr als die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland gibt es im Monat November einen besonderen Grund, sich zu freuen: Sie erhalten zusätzlich zum Gehalt ihr Weihnachtsgeld. In der Energiebranche sind das durchschnittlich rund 5.200 Euro. Davon können viele nur träumen, denn mancherorts gibt es diesmal nichts, ist das Weihnachtsgeld doch in der Krise gestrichen. Aber geht das einfach so?   Gibt es eine Grundlage für das Weihnachtsgeld? Gibt es keine verbindliche Grundlage für die Sonderzahlung, so heißt das Weihnachtsgeld im Arbeitsrecht, dann kann dein*e Arbeitgeber*in das machen. Es gibt nämlich keinen gesetzlichen Anspruch, egal ob auf Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, 13. Monatsgehalt oder auf Erfolgsprämien. Deshalb müssen Beschäftigte zunächst prüfen, ob im Einzel-Arbeitsvertrag Weihnachtsgeld zugesichert ist, diese Sondervergütung im Tarifvertrag steht, der für das Unternehmen gilt, im Betrieb die Zahlung von Weihnachtsgeld "betriebliche Übung" ist. Dies gilt beispielsweise, wenn dein*e Arbeitgeber*in mindestens drei Jahre lang vorbehaltlos Weihnachtsgeld bezahlt hat, in einer Betriebsvereinbarung die Zahlung von Weihnachtsgeld zugesichert ist, der Gleichbehandlungsgrundsatz anzuwenden ist: Einzelne Mitarbeiter*innen können nicht aus der Zahlung von Weihnachtsgeld ausgeschlossen werden, wenn alle anderen es bekommen. Gibt es einen berechtigten Anspruch, dürfen Arbeitgebende diesen nicht einfach ignorieren und außer Kraft setzen. Bleibt das Weihnachtsgeld dann trotzdem aus, können Beschäftigte es beim zuständigen Arbeitsgericht einklagen. Änderungen sind aber jederzeit möglich: Bei einer betrieblichen Übung, ist durch eine einvernehmliche Regelung oder eine Änderungskündigung das Weihnachtsgeld abzuschaffen oder zu kürzen. Bei einem Tarifvertrag bedarf es einer Änderung im Vertrag. Ist in einer Betriebsvereinbarung die Zahlung von Weihnachtsgeld festgelegt, ist diese Betriebsvereinbarung zu ändern, wenn dein*e Arbeitgeber*in dies nicht mehr will. Freiwillige Zahlungen sind wackelig Kann dein*e Arbeitgeber*in Weihnachtsgeld und andere Sondergratifikationen rückgängig machen oder kürzen? Ja, das geht. Wenn dein*e Vorgesetzte*r bei der Zahlung schriftlich darauf hinweist, dass es sich um eine freiwillige Leistung handelt und ein Rechtsanspruch für die Zukunft ausgeschlossen ist, entsteht kein weiterer Anspruch. Allerdings muss diese Freiwilligkeitserklärung klar und konkret sein und sich auf eine bestimmte Zahlung beziehen. Diese mögliche Praxis bestätigte das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 23.8.2017, Az.: 10 AZR 376/16). Wird einem Arbeitnehmer durch eine arbeitsvertragliche Regelung ein Weihnachtsgeld zugesichert, dessen Höhe jährlich vom Arbeitgebenden bestimmt ist, dann kann er oder sie aus wirtschaftlichen Gründen (Krise) die Höhe des Weihnachtsgelds kürzen. Und das war der Fall: Nach ihrem Arbeitsvertrag stand einer Arbeitnehmerin jährlich ein Weihnachtsgeld zu. Die Gratifikation war allerdings ausdrücklich als freiwillige Leistung bezeichnet. Die Höhe der Leistung bestimmte die Arbeitgeberin. Weil ein negatives Betriebsergebnis drohte, kam es zu einer Kürzung um die Hälfte. Die Mitarbeiterin klagte, blieb aber ohne Erfolg. Wichtig ist, dass sich der Freiwilligkeitsvorbehalt deutlich und konkret auf das Weihnachtsgeld bezieht. Lediglich allgemeine Vorbehalte, die sich auf "alle zusätzlichen Leistungen" oder ähnliches beziehen, sind problematisch. Krankheit und Kündigung sind Sonderfälle Wie ist das mit dem Weihnachtsgeld, wenn ein*e Mitarbeiter*in ausscheidet? Das hängt vom Zweck der Vergütung ab. Ist sie Bestandteil des Entgelts (Entgeltcharakter), wird also die bereits geleistete Arbeit zusätzlich vergütet, hat ein*e ausscheidende*r Mitarbeiter*in Anspruch auf eine (anteilige) Auszahlung. Bei Vergütungen mit Gratifikationscharakter, die zum Beispiel die Betriebstreue honoriert, ist es möglich, etwa nur Arbeitnehmende zu begünstigen, die an einem bestimmten Stichtag in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen. Ist der Zweck der Zahlung gemischt, dann gelten die Regeln für Vergütungen mit Entgeltcharakter, das heißt, dass auch vorzeitig ausscheidende Mitarbeiter*innen Anspruch auf (anteilige) Auszahlung haben. Und wie sieht es beim Weihnachtsgeld für Mitarbeiter*innen aus, die gar nicht gearbeitet haben? Sind Mitarbeitende zum Beispiel krank oder in Elternzeit, ist wieder nach dem Zweck der Vergütung zu unterscheiden. Sondervergütungen mit reinem Entgeltcharakter können verringert werden, wenn ein*e Mitarbeiter*in nicht gearbeitet hat. Sondervergütungen mit Gratifikationscharakter erhalten Mitarbeiter in vollem Umfang, selbst wenn sie nicht gearbeitet haben. Gratifikationen mit Mischcharakter sind nur dann zu kürzen, wenn dies in der Anspruchsgrundlage ausdrücklich vereinbart ist. Fazit Weihnachtsgeld ist eine schöne Sache. Gut, wenn es dafür eine verbindliche Rechtsgrundlage gibt. Weil viele Betriebe in der Energiekrise schwächeln, suchen sie nach Einsparmöglichkeiten. Zu bedenken ist aber, zufriedene Mitarbeiter*innen sind das wichtigste Kapital eines Unternehmens.