ADAC: Spritpreise sind "deutlich zu hoch" So setzt sich der Spritpreis zusammen Das Bundeskartellamt stellt Nachforschungen an Nach der Episode mit der dreimonatigen Spritpreisbremse ist es jetzt an den Tankstellen wie immer: Die Preise fürs Tanken sind hoch, Deutschland ist in Europa in der Spitzengruppe vertreten. Den Mineralölkonzernen spült der Ukraine-Krieg Milliarden in die Kassen. Und was macht das Bundeskartellamt? ADAC: Spritpreise sind "deutlich zu hoch" Die Spritpreise in Deutschland sind weiterhin viel zu hoch, warnt der ADAC. Am 2. November kostete Diesel durchschnittlich 2,14 Euro pro Liter. Super E10 lag bei 1,85 Euro pro Liter. Zum Vergleich: In der Vorwoche lag der Preis bei Diesel leicht niedriger bei 2,12 und E10 etwas höher, nämlich bei 1,88 Euro. Die Preise an den Tankstellen seien weiterhin "deutlich zu hoch, vor allem bei Diesel", erklärte der Automobilclub. Dafür gebe es Gründe wie die jahreszeitlich bedingte stärkere Heizölnachfrage und der hohe Dieselbedarf der Industrie als Gasersatz. Auf einen Liter Diesel entfallen allerdings über 20 Cent weniger Energie- und Mehrwertsteuer, der Liter kostet aktuell 24 Cent mehr als Super E10. Grund sei auch der schwache Eurokurs. Denn das Rohöl wird zwar immer günstiger, muss jedoch in Euros bezahlt werden. Der ADAC sieht jedoch eine immer größere Entkoppelung vom Ölpreis. Eine Umfrage des ADAC Ende Oktober hat gezeigt, dass drei von vier Autofahrer*innen von den hohen Spritpreisen finanziell stark belastet sind. Besonders unter Druck seien Menschen im ländlichen Raum. Der ADAC rät dazu, die Preise an verschiedenen Tankstellen zu vergleichen. Das würden der Umfrage zufolge mittlerweile rund 78 Prozent machen. Wer kann, solle außerdem abends tanken. Der aktuellen Untersuchung zufolge können Verbraucher*innen so rund zwölf Cent gegenüber den Morgenstunden sparen. 64 Prozent der Menschen fahren weniger mit dem Auto, um so Kosten zu sparen. Mineralölkonzerne fahren Gewinne ein Die Mineralölkonzerne entwickeln sich prächtig, wie etwa Shell, mit Hauptsitz in London: Der größte Ölkonzern Europas, verzeichnete im zweiten Quartal 2022 ganze 17,6 Mrd. Euro Gewinn – und damit fünfmal so viel wie im zweiten Quartal 2021. Zum Vergleich: Von April bis Juni 2021 waren es 3,3 Mrd. Euro. Dieser Sprung lag vor allem an höheren Preisen und gestiegenen Raffineriemargen. Zusätzlich trugen bessere Ergebnisse im Gas- und Stromhandel zu dem Ergebnis bei. Shell will seine Dividende um 15 Prozent anheben. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Exxon Mobil mit Hauptsitz in Irving (Texas): Der US-amerikanische Mineralölkonzern Exxon Mobile vervierfachte im zweiten Quartal 2022 seinen Gewinn auf 11,4 Milliarden Euro. Im zweiten Quartal des Vorjahres waren es noch 4,7 Milliarden. Auch der französische Energiekonzern Total konnte im zweiten Quartal deutlich mehr Gewinn verbuchen. TotalEnergies verzeichnete 5,7 Milliarden Dollar, im vergangenen Jahr waren es noch 2,2 Milliarden Dollar. Bemerkenswert: TotalEnergies verzeichnete den Gewinnsprung trotz einer erneuten Abschreibung auf einen Anteil an einem russischen Gasproduzenten. Das britische Mineralölunternehmen BP mit Hauptsitz in London konnte seinen Gewinn im zweiten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahr verdreifachen. Machte BP 2021 in diesem Zeitraum noch 3,1 Milliarden Dollar Gewinn, waren es 2022 9,3 Milliarden. Der österreichische Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV mit Hauptsitz in Wien übertraf ebenfalls Analystenerwartungen. OMV machte im zweiten Quartal rund 2,9 Millionen Euro Gewinn (vor Sondereffekten). Das sind 1,6 Millionen mehr als im Vorjahreszeitraum.  So setzt sich der Spritpreis zusammen Wie setzt sich der Benzinpreis zusammen? Ausgehend von einem Verkaufspreis für Super E10 an den Tankstellen von 2,20 Euro pro Liter, ergibt sich dem ADAC folgendes Bild: Ölpreis: 111,05 Cent (ohne Steuern), also: 50,5 Prozent Co2-Preis: 8,40 Cent Energiesteuer: 64,45 Cent Mehrwertsteuer: 35,10 Cent  Steueranteil insgesamt 108,95 Cent, also: 49,5 Prozent Mineralölkonzerne, Tankstellenbetreiber*innen, der Staat: Viele verdienen am Diesel und Benzin. Auch der Dollarkurs, politische Krisen oder die Konjunktur beeinflussen den Preis. Die Stimmung in der Politik der USA, aber auch in den europäischen Hauptstädten, fasst US-Präsident Joe Biden nach Angaben des SPIEGEL so zusammen: "Die Ölindustrie hat die Wahl. Entweder sie investiert in Amerika, indem sie die Preise für die Verbraucher an der Zapfsäule senkt und die Produktions- und Raffineriekapazität erhöht. Oder sie zahlt eine höhere Steuer auf ihre übermäßigen Gewinne und muss mit weiteren Einschränkungen rechnen." Wer so hohe Gewinne erziele, habe die Verantwortung, auch im Interesse der Verbraucher, der Gesellschaft und des Landes zu handeln. Das Bundeskartellamt stellt Nachforschungen an Bereit seit Mai beobachtet das Bundeskartellamt mit einer umfassenden Untersuchung den Wettbewerb auf den Märkten für Benzin und Diesel. Das passiert im Auftrag des Bundeswirtschaftsministerium (BMWK). Bei dieser Sektoruntersuchung sollen nach Angaben des Amtes zunächst die generellen Marktbedingungen beleuchtet und mögliche Wettbewerbsverzerrungen identifiziert werden. Sollten sich Anhaltspunkte für Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht ergeben, würden angemessene Maßnahmen ergriffen. Bislang ist aber wenig passiert. Die Mineralölkonzerne kassieren fleißig ab, das Kartellamt untersucht das Marktgeschehen. Veröffentlichte Ergebnisse gibt es bislang nicht. Jetzt hat der Chef der Behörde, der Jurist Andreas Mundt, im Interview mit der FAZ, zum Thema Stellung bezogen. Für ihn ist das Marktgeschehen im Mineralölhandel "äußerst kompliziert". Und er zeigt viel Verständnis: "Es gab technische Ausfälle von Raffinerien, Schwierigkeiten beim Transport durch das Niedrigwasser im Rhein, es fehlt teilweise der Diesel, der sonst fertig raffiniert aus Russland kam." Was er sagen will: "Es gibt sehr viele Faktoren, die eine Rolle spielen, wie Preise zustande kommen." Natürlich sei das ein enger Markt mit sehr "wenigen Spielern". Die Mineralölkonzerne seien vertikal integriert und könnten an jedem Punkt der Wertschöpfungskette Preise beeinflussen. Wir hätten es mit einem "Oligopol" (nur wenige Marktteilnehmer) zu tun und sicherlich auch mit einem "gedämpften Wettbewerb". Immerhin hat Mundt erkannt, dass "die Branche in den vergangenen Monaten hohe Gewinne eingefahren hat". Aber all das beantworte nicht die Frage, ob die Preise an der Tankstelle missbräuchlich überhöht sind. Mundt verspricht weiterhin, seinen Report noch in diesem Jahr vorzulegen. Viel erwarten sollte allerdings niemand, nach diesen Ansagen in der FAZ.