Ein Transplantationsteam in den USA hatte Anfang Januar nach eigenen Angaben erstmals ein genetisch modifiziertes Schweineherz an einen menschlichen Patienten angeschlossen. Das Organ war einem 57-jährigen Mann mit einer lebensgefährlichen Herzkrankheit in einer Klinik in Baltimore eingesetzt worden, teilte das Krankenhaus am 10. Januar 2022 mit. Die Operation dauerte laut US-Medien acht Stunden, das transplantierte Herz hatte seitdem seine Arbeit aufgenommen. Doch nun gibt es eine traurige Nachricht. Update vom 9.3.2022, 19 Uhr: Patient verstirbt nach Transplantation Der 57-Jährige, dem weltweit erstmals ein Schweineherz als Ersatzorgan eingesetzt wurde, ist tot. David Bennett sei rund zwei Monate nach der Operation am Dienstag (8. März 2022) gestorben, teilte das Universitätsklinikum in Baltimore am Mittwoch mit. Sein Zustand habe schon vor einigen Tagen begonnen, sich zu verschlechtern. Schließlich habe er Palliativversorgung bekommen. In seinen letzten Stunden habe er noch mit seiner Familie kommunizieren können. "Wir sind am Boden zerstört angesichts des Verlusts von David Bennett", sagte der zuständige Chirurg Bartley Griffith. "Er hat sich als mutiger, ehrenwerter Patient erwiesen, der bis zum Ende gekämpft hat." Auf der ganzen Welt sei Bennett für "seinen Mut und seinen unerschütterlichen Lebenswillen" bekannt geworden. Bennetts Sohn David Bennett Jr. bedankte sich bei den Ärzten. "Wir sind dankbar für jeden innovativen Moment, jeden verrückten Traum und jede schlaflose Nacht, die Teile dieser historischen Anstrengung waren." Bennett hinterlässt ein weiteres erwachsenes Kind, fünf Enkelkinder und zwei Schwestern. Im Oktober 2021 war er als schwerkranker Patient an das Universitätsklinikum in Baltimore gekommen. Weil der an einer lebensgefährlichen Herzkrankheit leidende Mann als nicht geeignet für ein Spenderherz eingestuft wurde, gab es von der US-Gesundheitsbehörde FDA eine Ausnahmegenehmigung für den Versuch, mit dem tierischen Organ sein Leben zu retten. Anfang Januar wurde dem Mann dann in einer mehrstündigen Operation das genetisch veränderte Schweineorgan eingesetzt. Die galt als Meilenstein auf dem Gebiet der Organtransplantation. Danach war der Patient noch einige Tage an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Zunächst keine Probleme nach Herz-OP aufgetreten Im Anschluss sei der Zustand des Mannes zunächst relativ stabil gewesen, hieß es von der Klinik. Das Herz habe "gut gearbeitet", es habe keine Anzeichen von Abstoßung gegeben. Bennett gehe es "besser als erwartet", er sei "bemerkenswert wach", hatte es geheißen. Der Mann habe Zeit mit seiner Familie verbringen können und Physiotherapie gemacht. Unter anderem habe er noch das Football-Spektakel Super Bowl verfolgt und oft darüber gesprochen, dass er zu seinem Hund Lucky nach Hause wolle. Die sogenannte Xenotransplantation - also etwa die Übertragung von tierischen Organen auf den Menschen - wird schon seit den 1980er Jahren erforscht. Schweine sind dabei als Spender besonders geeignet, weil ihr Stoffwechsel dem von Menschen ähnelt. In Deutschland liegt der Überlebensrekord für einen Pavian mit Schweineherz Wissenschaftlern zufolge bei 195 Tagen. Die Grundlage für ähnliche Operationen an Menschen wie in den USA sei auch in Deutschland geschaffen - wann es aber soweit sein könnte, ist noch unklar. Muhammad Mohiuddin, zuständiger Chirurg an der Uniklinik Maryland, bedankte sich bei Bennett für seine "einzigartige und historische Rolle" darin, die Xenotransplantation voranzubringen. "Wir bleiben optimistisch und planen, unsere Arbeit mit weiteren klinischen Versuchen fortzusetzen." Ursprüngliche Meldung vom 11.1.2022: Verfahren könnte der Organknappheit ein Ende setzen "Dies war eine bahnbrechende Operation und bringt uns der Lösung der Knappheit bei Organen einen Schritt näher", wurde der durchführende Arzt Bartley Griffith zitiert. Der Patient sagte der Mitteilung zufolge, dass es Entscheidung über Leben und Tod war: "Ich weiß, es ist ein Schuss ins Dunkel, aber es ist meine letzte Chance". Er freue sich darauf, zu genesen und wieder aus dem Bett aufstehen zu können. "Diese Organtransplantation zeigt erstmals, dass ein genetisch verändertes Tierherz wie ein menschliches Herz funktionieren kann, ohne dass es der Körper sofort abstößt", teilte das University of Maryland Medical Center mit. Der Patient - der für ein menschliches Spenderherz als nicht geeignet eingestuft wurde - werde die kommenden Wochen weiter genau beobachtet. Die aufsehenerregende Transplantation könnte Hoffnung für Tausende Menschen allein in den USA nähren, die auf Spenderorgane angewiesen sind. Wissenschaftler versuchen seit geraumer Zeit, Organe in Schweinen zu züchten, die für Menschen nutzbar sind - neben Herzen auch Nieren oder Lungen. Bei dem nun gemeldeten medizinischen Durchbruch bleiben zunächst aber noch viele Fragen offen, vor allem die nach der Langlebigkeit des Organs. Die Erkenntnisse sind zudem noch in keinem Fachmagazin veröffentlicht worden. Im Oktober war bekannt geworden, dass Ärzte in New York eine Schweineniere für mehr als zwei Tage an einen hirntoten Menschen angeschlossen hatten. Das Organ sei für 54 Stunden außerhalb des Körpers mit dem Blutkreislauf verbunden worden und habe dort "fast sofort" angefangen zu arbeiten und das Stoffwechselprodukt Kreatinin zu bilden. Xenotransplantation macht endlich Fortschritte - endet die Serie von Niederschlägen? Damals sprachen Experten von einem "weiteren Schritt" auf dem Gebiet der Xenotransplantation, also der Übertragung von Zellen oder Organen von einer Spezies auf eine andere. Die Geschichte der Entwicklung von Xenotransplantationen ist lang und von Niederschlägen gekennzeichnet. Spektakulär war vor allem der Fall von Baby Fae, das 1984 in Kalifornien ein Pavianherz bekam. Es starb drei Wochen nach der Operation.