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Energie und Kosten: Wann darf der Anbieter das Gas abdrehen?

Wenn du die Kosten für das Gas nicht mehr tragen kannst, unterbricht der Anbieter die Versorgung. Welche Rechte hast du als Verbraucher*in?
Ob für Heizung oder den Herd: Die Gaspreise explodierten innerhalb eines Jahres.
Ob für Heizung oder den Herd: Die Gaspreise explodierten innerhalb eines Jahres. Foto: CC0 / Pixabay / sergei_spas
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  • So viele Menschen haben Schulden bei Energieversorgern
  • Enormer Anstieg des Gaspreises
  • Zusammensetzung des Verbraucherpreises für Gas
  • Unter diesen Voraussetzungen darf ein Anbieter die Gasversorgung unterbrechen
  • Das kannst du gegen die Unterbrechung tun

Laut der "Statistik zur Überschuldung privater Personen" des Statistischen Bundesamtes (Destatis) aus dem Jahr 2021 hatten im vergangenen Jahr fast ein Drittel aller von Schuldenberatungen erfassten Verbraucher*innen Schulden bei Energieunternehmen. Die aktuelle Lage gerade beim Gaspreis lässt befürchten, dass sich noch mehr Menschen die Versorgung nicht mehr leisten werden können. Denn gerade die Preise für Erdgas sind innerhalb eines Jahres enorm angestiegen. Nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat sich der Preis für die Kilowattstunde Gas vom zweiten Quartal 2021 zum selben Zeitraum 2022 mehr als verdoppelt - bei Haushalten in Einfamilienhäusern von 6,32 Cent auf 15,30 Cent. Für Haushalte in Mehrfamilienhäusern stellt sich ein ähnliches Bild dar. Wenn du die Versorgung nicht mehr bezahlen kannst, droht die Unterbrechung dieser. Energieunternehmen müssen sich dabei an gesetzliche Regelungen halten.

Gas: Deshalb steigen die Kosten

In der öffentlichen Wahrnehmung steht im Zusammenhang mit steigenden Gaspreisen der Ukraine-Krieg im Fokus. Doch die Entwicklung begann schon davor. Laut BDEW liegt das an der konjunkturellen Erholung während oder besser gesagt trotz der Corona-Pandemie. Der globale wirtschaftliche Aufschwung führte demnach zur erhöhten Nachfrage nach Rohstoffen. Dadurch stiegen die Preise international stark an.

Warum die Ausbreitung von COVID-19 in vielen Ländern das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ansteigen ließ, haben Wissenschaftler*innen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (iW) analysiert. Unter anderem führten die enorm hohen Konjunktur- und Hilfspakete, mit denen die Regierungen die Unternehmen unterstützt haben, zum Aufschwung. Die Pakete in den USA etwa umfassen 25 Prozent des realen BIP.

Seit Beginn des Ukraine-Krieges sind die Großhandelspreise für Gas noch einmal in die Höhe geschnellt.

So setzen sich die Gaspreise zusammen

Den größten Anteil der Gaspreise für Verbraucher*innen macht der Teil aus, den weder Energieversorger noch die Bundesregierung beeinflussen können - der Weltmarktpreis. Für Einfamilienhäuser sind das 64 Prozent, für Mehrfamilienhäuser 65 Prozent.

Die sogenannten regulierten Netzentgelte inklusive Messung und Messstellenbetrieb betragen bei Einfamilienhäusern 12 und bei Mehrfamilienhäusern 10 Prozent. Steuern, Abgaben und der CO₂-Preis schlagen mit 24 beziehungsweise 25 Prozent zu Buche. 

Du heizt mit Gas? Welche Alternativen es zur Gasheizung gibt, erfährst du hier.

Gas: In diesen Fällen darf der Anbieter die Versorgung unterbrechen

Was geschieht, wenn sich ein Haushalt das Gas wirklich nicht mehr leisten kann? Unter welchen Voraussetzungen der Anbieter die Versorgung mit Gas unterbrechen darf, geht aus der Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV) hervor - ein Überblick über die wichtigsten Punkte in der GasGVV:

  • Wenn der Kunde oder die Kundin trotz Mahnung nicht bezahlt, darf der Grundversorger vier Wochen nach der Ankündigung der Unterbrechung mit der Gaszufuhr pausieren. Er beauftragt dann den zuständigen Netzbetreiber mit den notwendigen Schritten. 
  • So einfach ist es allerdings in gewissen Fällen nicht. Die Maßnahme darf laut GasGVV nicht durchgeführt werden, wenn dadurch Leib und Leben der Betroffenen gefährdet sind. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn du mit Gas kochst und ein Baby im Haushalt lebt. Das muss natürlich nachgewiesen werden.
  • Der Anbieter muss laut der Verordnung auch einlenken, wenn hinreichend Aussicht besteht, dass der Kunde oder die Kundin den Verpflichtungen nachkommt. 
  • Die Gasversorgung darf nur unterbrochen werden, wenn die Zahlungsverpflichtung wenigstens ein Sechstel des voraussichtlichen Betrages der Jahresrechnung ausmacht - mindestens 100 Euro.
  • Der Grundversorger ist verpflichtet, in der Androhung über Möglichkeiten zur Vermeidung der Unterbrechung zu informieren. Dazu zählen zum Beispiel Hilfsangebote, Vorauszahlungssysteme oder staatliche Unterstützungsmöglichkeiten.
  • Des Weiteren muss der Anbieter auf die Möglichkeit des Abschlusses einer Abwendungsvereinbarung hinweisen. Dazu gehört zum Beispiel eine zinsfreie Ratenvereinbarung.

Sollte dein Gas bereits abgestellt worden sein, gilt: Sobald du eine der Voraussetzungen erfüllst, muss die Unterbrechung unverzüglich aufgehoben werden.

Fazit

Grundversorger dürfen die Gasversorgung unterbrechen, wenn du den Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommst. Unter bestimmten Voraussetzungen kannst du einen solchen Schritt abwenden

Die Voraussetzungen sind vom Gesetzgeber so vorgegeben, dass Verbraucher*innen einige Möglichkeiten haben, die Unterbrechung vermeiden. Wie die Bezeichnung "Grundversorger" schon erkennen lässt, ist ein warmes Zuhause und eine warme Mahlzeit eine Art Grundrecht. Versorger sind bestrebt, gemeinsam mit dir Lösungen zu finden.

Du solltest allerdings nicht den Kopf in den Sand stecken und Mahnungen sowie die Ankündigung der Unterbrechung ignorieren. Hilfe findest du unter anderem bei seriösen Schuldenberatungen. Auch der Staat unterstützt dich unter bestimmten Voraussetzungen.