"Das Schlimmste ist die Ungewissheit. Und die Angst, vielleicht vergessen worden zu sein." Der 40-jährige Eyad aus Syrien, derzeit mit seiner Familie in Ebern im Landkreis Haßberge untergebracht, spricht vom langen Warten auf einen Anhörungstermin. Und der ist in einem Asylverfahren Voraussetzung für die weitere Bearbeitung und Entscheidung über seinen Asylantrag. Bis es allerdings soweit ist, vergehen oft genug viele Monate. Der Grund ist ein relativ einfacher: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kurz BAMF, kommt mit der Bearbeitung der Asylanträge einfach nicht nach. Trotz Personalaufstockung. Weil immer mehr Asylsuchende ins Land kommen. Im Jahr 2015 waren es 1,1 Millionen, so viele wie schon lange nicht mehr. Selbst Behördenchef Frank-Jürgen Weise bekannte dieser Tage, dass noch 660 000 Asylfälle nicht bearbeitet werden konnten. Zahlen, die sich für den Freistaat nicht viel anders lesen. Sozialministerin Emilia Müller (CSU) fordert eine wirksame Begrenzung der Zuwanderung "dringender denn je". Wie das gehen soll sagt sie nicht. Auch im Freistaat offenbart sich das Dilemma der für die Flüchtlinge zuständigen Behörde. 160 000 Asylbewerber lebten Ende 2015 im Freistaat. Von 71168 gestellten Anträgen waren zum Stichtag 31. Dezember 2015 noch 64 491 Verfahren anhängig, das heißt noch nicht entschieden. Statistik ohne Wert Die BAMF-Statistik verliert so mehr und mehr ihre Aussagekraft. In der Vergangenheit bildete die Zahl der beim Bundesamt gestellten Asylanträge auch die Zuwanderung von Flüchtlingen ab, die Zahlen waren nahezu identisch. Seit letztem Jahr ist das anders. Die große Differenz zwischen Antragstellern und tatsächlich eingereisten Asylsuchenden verdeutlicht nur den immer größer werdenden Missstand, dass Flüchtlinge, auch wenn sie aus Ländern mit einer hohen Bleibe-Wahrscheinlichkeit kommen, oft Monate warten müssen, ehe sie überhaupt einen Asylantrag stellen können. Eine Lösung? Sie ist derzeit nicht in Sicht.Die sieben Schritte bis zur ersten Anhörung im AsylverfahrenWer in Deutschland um Asyl nachsucht, sollte einige Schritte unbedingt befolgen, um sein Asylverfahren in geordnete Bahnen zu lenken. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat hierzu einen mehrsprachigen Flyer herausgegeben. 1. Wer in Deutschland eintrifft, sollte sich umgehend bei einer staatlichen Stelle, am besten bei der Polizei, melden. Wird der Wunsch geäußert, dass man einen Asylantrag stellen möchte, wird die Unterbringung in einer nahegelegenen Aufnahmeeinrichtung vermittelt. 2. In der Aufnahmeeinrichtung werden die Ankömmlinge versorgt und erhalten eine "Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchende". Hierfür müssen auch Angaben zur Identität gemacht werden. 3. Jetzt geht es um die weitere Unterbringung. Asylsuchende können nicht frei darüber entscheiden, wo im Land sie bis zum Ablauf eines Asylverfahrens untergebracht werden. Die Verteilung erfolgt vielmehr nach einem Quotenschlüssel, dem sogenannten "Königsteiner Schlüssel" auf eines der 16 Bundesländer. 4. Asylsuchende haben sich möglichst unverzüglich in die für sie vorgesehene Unterkunft zu begeben. Nur hier wird für den Lebensunterhalt gesorgt, hier gibt es weitere Informationen zum Verfahrensablauf und darüber, welche Außenstelle des Bundesamts zuständig ist. 5. Erst jetzt ist es möglich, den eigentlichen Asylantrag beim BAMF zu stellen. Dazu braucht es die persönlichen Daten, das heißt, der Asylbewerber wird fotografiert und muss seine Fingerabdrücke abgeben. Auf der Basis dieser Daten wird als Ausweisersatz eine sogenannte "Aufenthaltsgestattung" ausgestellt. Die dient als Beleg dafür, dass sich der Inhaber rechtmäßig im Land aufhält. 6. In einem nächsten Schritt gilt es zu überprüfen, inwieweit Deutschland oder ein anderer Staat für den Asylantrag zuständig ist. Grundlage für diese Zuständigkeitsprüfung durch das BAMF ist die Dublin-Verordnung der EU. Sie macht Sinn, weil damit gewährleistet werden soll, dass Asylantrag nur von einem Staat innerhalb der EU bearbeitet und Doppelprüfungen damit vermieden werden. 7. Wenn die Zuständigkeit Deutschlands feststeht, ist es endlich soweit: Mitarbeiter des BAMF prüfen den Asylantrag. Dazu wird der Antragsteller grundsätzlich persönlich befragt, was ihn zur Antragstellung bewog. Da die Asylbewerber im Regelfall die deutsche Sprache nicht beherrschen, werden Dolmetscher eingesetzt. Auch die Begleitung durch einen Rechtsanwalt ist möglich. Nach der Anhörung und Überprüfung der geschilderten Gründe entscheidet das Bundesamt. Kommentar:Wo ist die Lösung?Es klang nicht nur so, es war ein Offenbarungseid. In Kreuth bekannte Frank-Jürgen Weise, Chef des Nürnberger Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, vor der versammelten CSU-Landesgruppe, dass seine Behörde mit der Bearbeitung der eingehenden Asylanträge gnadenlos überfordert ist. Das Schlimme daran: Das Problem ist nicht in den Griff zu bekommen. Weil immer mehr Flüchtlinge in Deutschland ankommen. Und weil die Politik nach wie vor kein Rezept dafür hat, wie der Zustrom eingedämmt werden könnte. Allenthalben Hilflosigkeit. Während CSU-Chef Horst Seehofer - wohl wissend, dass das mit internationalem Recht nicht vereinbar ist - auf eine imaginäre Obergrenze von jährlich maximal 200 000 Flüchtlingen pocht, setzt Kanzlerin Angela Merkel gebetsmühlenartig auf die europäische Solidarität in der Flüchtlingsfrage. Dabei weiß die Regierungschefin immerhin den Koalitionspartner SPD und Teile der Opposition auf ihrer Seite. Aber: Weder die eine noch die andere Position verspricht eine Lösung. Dabei braucht es die dringender denn je. Nicht zuletzt nach den Kölner Vorgängen in der Silvesternacht. Spätestens da hat ein gesellschaftlicher Stimmungswandel eingesetzt. Die Menschen im Land erwarten von der Politik keine hohlen Phrasen mehr, sondern Lösungen für eine offenkundig immer weniger kontrollierbare Entwicklung. Dabei nach dem Motto: "Die Hoffnung stirbt zuletzt" ausschließlich Richtung Europa zu schielen, ist nicht zielführend. Nicht nur wegen einer in der Flüchtlingsfrage offenkundig versagenden EU-Bürokratie. Nein, besonders deshalb, weil der Zug in Europa längst Richtung Renationalisierung abgefahren ist. Ungarn geht bereits seinen eigenen Weg, und Polen macht sich gerade daran, rechtsstaatliche Prinzipien scheibchenweise auszuhöhlen. Beide wollen schon gar nichts von Flüchtlingen wissen. Ähnliches droht in Frankreich. Marine le Pen wartet nur darauf, Brüssel und dem Euro endlich den Rücken kehren zu können. Auch bei den Engländern ist es mehr als fraglich, ob sie sich in der für 2017 vorgesehenen Volksabstimmung zugunsten Europas entscheiden werden. Da bleibt nicht mehr viel Hoffnung für die Kanzlerin. Auch nicht im Süden. Griechenland, Italien und Spanien können ja schon der eigenen jungen Generation keine Perspektive bieten, geschweige denn Flüchtlingen aus Syrien. Deshalb: Wo ist die Lösung Frau Merkel ?