Berlin-Marathon: Die Angst läuft mit

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Unweit des Brandenburger Tors werden am Sonntag etwa 40.000 Sportler zum Berlin-Marathon starten - hier der Start von 2007. Foto: dpa
Unweit des Brandenburger Tors werden am Sonntag etwa 40.000 Sportler zum Berlin-Marathon starten - hier der Start von 2007. Foto: dpa

Der Anschlag auf den Marathon in Boston hat Berlin geschockt. Wenn am Sonntag 40.000 Sportler auf die Strecke gehen, wecken Zäune Erinnerungen an die Zeit der Mauer.

Die Bomben von Boston haben auch dem Berlin-Marathon seine Unschuld geraubt. Mit einem ganzen Bündel von Sicherheitsmaßnahmen wollen die Veranstalter und die Stadt dafür sorgen, dass die mehr als 40.000 Läufer am Sonntag möglichst unbeschwert laufen und die eineinhalb Millionen Zuschauer so ausgelassen wie immer jubeln können.

Das wird dem Team um Organisationsleiter Jürgen Lock vom Sportclub Charlottenburg wohl nicht zu 100 Prozent gelingen. Fünf Kilometer Sicherheitszaun verwandeln den Start- und Zielbereich rund um Tiergarten, Kanzleramt und Brandenburger in eine Festung, die Zugänge werden scharf kontrolliert. Der Alptraum Boston, wo von Extremisten in Einkaufstaschen gezündete Bomben drei Zuschauer töteten und 264 Läufer und Zuschauer verletzten, liegt wie ein Schatten über der 40. Jubiläumsauflage des zweitgrößten Stadtmarathons weltweit.


"Es soll ein großes und fröhliches Sportfest werden, so unbeschwert wie nur möglich", beschreibt Lock den schwierigen Spagat zwischen der notwendigen Sicherheit und der grandiosen Stimmung, für die das Berliner Publikum bekannt ist.


Selbst Augenzeuge

Der SCC muss mehrere hunderttausend Euro zusätzlich investieren, um die Sicherheitsauflagen zu erfüllen. Zäune wie bei vielen anderen Großveranstaltungen in Berlin sind ein Novum beim Marathon, dazu mehr Sicherheitspersonal. Lock geht davon aus, dass die Einschränkungen für Läufer und Zuschauer trotzdem im Rahmen bleiben. "Ein zweites Boston darf es nicht geben", sagt Lock, der 15. April selbst in Boston war, als die Sprengsätze hochgingen.


Wie im All-Inclusive-Hotel

Für die Läufer bringt das Mehr an Sicherheit mehr Aufwand mit sich: Wie im All-Inclusive-Hotel wird ihnen ein Plastik-Armband angelegt, das zum Zugang in den Startbereich berechtigt. Die Kleider zum Umziehen dürfen nur in offiziellen Beuteln verstaut werden. Ebenso müssen sich die Zuschauer auf Taschenkontrollen einstellen.
Für die an Mega-Veranstaltungen und Präsidentenbesuche gewöhnte Berliner Polizei bedeutet der Marathon Großeinsatz, aber das ist ihr Alltag.

Da es völlig unmöglich ist, die 42,195 Kilometer lange Strecke durch Berlin in eine Hochsicherheitszone zu verwandeln, werden sich am Sonntag wohl nur wenige der geschätzt 1,5 Millionen Zuschauer an die Zeiten erinnert fühlen, als die Stadt geteilt war. Seit die Läufer 1990 zum ersten Mal durch das Brandenburger Tor rennen durften, ist die mit Abstand größte regelmäßige Sportveranstaltung in Deutschland auch zu einem Symbol für die Einheit geworden. Und mit einer Reihe von Weltrekorden (zuletzt 2011 in 2:03,38 Stunden durch Patrick Makau aus Kenia, der heuer wegen einer Verletzung nicht starten kann) auch ein sportliches Top- und Medien-Ereignis (live in der ARD).


Fällt der Weltrekord?

Der Berlin-Marathon wirbt mit der "schnellsten Strecke der Welt", was den exakt 41.120 Läufern und Power-Walkern egal sein dürfte, die den Favoriten Wilson Kipsang, ebenfalls aus Kenia, am Sonntag vor sich her jagen werden. Dessen Bestzeit ist nur vier Sekunden langsamer als Makaus bis heute gültiger Weltrekord. Unschlagbar bei den Frauen dürfte die Kenianerin Florence Jebet Kiplagat sein, die vor zwei Jahren in Berlin ihre persönliche Bestzeit lief (2:19,44 Stunden).

Geschichte schreibt der 40. Berlin-Marathon jetzt bereits selbst. Der Zulauf zu der Rennorgie durch die Stadt ist ungebrochen und stellt Lock und Co. vor schier unlösbare Probleme: Die Startplätze für 2013 waren trotz happiger Meldegebühren im Oktober 2012 nach nicht einmal vier Stunden vergeben. Deswegen gibt es für 2014 ein neues Verfahren: Ab Montag läuft für zwei Wochen die Online-Registrierung; die Startplätze werden verlost. Anders als beim Lotto muss allerdings zahlen, wer das große Los zieht: 98 Euro kostet der Stadtrundlauf.