Brustkrebs: Leser fragen, Experten antworten

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Die Mammographie ist nicht gerade angenehm, kann aber Tumore sichtbar machen. Foto: Patrick Seeger/dpa/Archiv
Die Mammographie ist nicht gerade angenehm, kann aber Tumore sichtbar machen. Foto: Patrick Seeger/dpa/Archiv
Dr. Hermann Zoche, Chefarzt und Leiter des zertifizierten Brustzentrums am Klinikum Coburg.
Dr. Hermann Zoche, Chefarzt und Leiter des zertifizierten Brustzentrums am Klinikum Coburg.
 
Gundi Jakob, Case-Managerin am Brustzentrum Coburg.
Gundi Jakob, Case-Managerin am Brustzentrum Coburg.
 

Brustkrebs ist gut heilbar, wenn er früh erkannt wird. Alle Infos über Vorsorge und Therapie gab es für unsere Leser bei einem Expertengespräch.

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland. Statistisch betrachtet ist jede achte Frau betroffen. Früh erkannt ist der Krebs jedoch zu 96 Prozent heilbar. Wie man selbst einen Tumor erkennen kann, was die Vorsorge beim Gynäkologen beinhaltet, wie die Diagnose und Therapie ablaufen: Darüber konnten sich Betroffene und Interessenten bei einer kostenlosen Telefonaktion dieser Zeitung aus erster Hand informieren.

Zwei Stunden lang standen an unserem Redaktionstelefon zwei Experten Rede und Antwort: Dr. Hermann Zoche, Chefarzt und Leiter des Brustzentrums am Klinikum Coburg, und Gundi Jakob, die als Case-Mangerin im Brustzentrum Coburg Patientinnen mit Brustkrebs durch alle Behandlungsphasen begleitet.

Sie wissen aus ihrer täglichen Arbeit, dass die Diagnose Brustkrebs für die Betroffenen ein Schock ist. "Aber die Erkrankung kann heute immer früher diagnostiziert werden und durch kontinuierlich verfeinerte Therapiemethoden wachsen die Heilungschancen."


Gesetzliche Vorsorge ab 30

Um die Frauen bei der Vorsorge zu unterstützen und sie zur Auseinandersetzung mit dem Thema zu ermutigen, gibt es im gesetzlichen - und von den Krankenkassen bezahlten - Früherkennungsprogramm verschiedene Maßnahmen. So können Frauen ab 30 und ab 40 Jahren bei ihrem Frauenarzt eine jährliche Vorsorgeuntersuchung speziell für Brustkrebs in Anspruch nehmen. Sollte bei der Tastuntersuchung von Brust und Achselhöhlen eine Auffälligkeit festgestellt werden, wird bei Frauen ab 30 Jahren eine Ultraschalluntersuchung angeboten (Mammasonographie) und bei Frauen ab 40 Jahren eine therapeutische Mammographie. Gegebenenfalls sind zusätzlich eine Ultraschalluntersuchung sowie eine Magnetresonanztomographie (MRT) sinnvoll.

Neben der jährlichen Vorsorgeuntersuchung besteht für Frauen ab 50 Jahren das Angebot, alle zwei Jahre eine Mammographie durchführen zu lassen. Dazu erhalten die Betreffenden eine persönliche Einladung im Rahmen des Mammographie-Screening-Programms. Dieses Programm zur Früherkennung von Brustkrebs steht gesetzlich und privat Krankenversicherten gleichermaßen zur Verfügung.


Fachübergreifende Brustzentren

Für die Experten Zoche und Jakob ist aber auch klar: "Sollen neue medizinische Erkenntnisse und Methoden den Patientinnen wirklich zugutekommen, müssen auch die Versorgungsstrukturen fortschrittlich sein." Deshalb kommen Experten aus verschiedenen Fachrichtungen in "Brustzentren" zusammen, um für jede Patientin den optimalen Weg zu richtiger Diagnostik und wirkungsvoller Therapie zu finden. Viele dieser Zentren sind von der deutschen Krebsgesellschaft mit dem "OnkoZert" zertifiziert. Außer in Coburg gibt es zertifizierte Brustzentren auch an den Kliniken in Nürnberg, Fürth, Erlangen, Bamberg, Bayreuth, Würzburg , Kulmbach und Schweinfurt.

Die Krankenhausgesellschaft Regiomed hat - neben Brustzentren in Lichtenfels und Hildburghausen - ihr großes Brustzentrum am Klinikum Coburg. "Hier arbeiten Experten unterschiedlicher Fachdisziplinen eng bei der Diagnostik und Therapie von Brustkrebs zusammen", erklären Zoche und Jakob.

Im Brustzentrum können Patientinnen konventionelle Behandlungsmethoden ebenso erwarten wie neue Verfahren, psychologische Betreuung oder komplementärmedizinische Angebote wie Akupunktur. Auch Bestrahlungen und Chemotherapie stehen im Vorfeld oder Nachgang als Therapien zur Verfügung. Im Anschluss können - sofern erforderlich - alle Verfahren der Brustrekonstruktion durchgeführt werden.


Begleitung durch alle Phasen

"Patientinnen mit Brustkrebs werden nicht alleingelassen", sagen Zoche und Jakob. In Coburg gibt es zusätzlich das Case-Management, für das Gundi Jakob zuständig ist. Sie begleitet Betroffene über den kompletten Behandlungsverlauf, stationär und ambulant, und kümmert sich um Fragen wie: Was kann man tun, um die Chemotherapie besser zu vertragen? Wie bekomme ich eine Haushaltshilfe? Wo gibt es Perücken? Wie beantrage ich eine Reha oder einen Schwerbehindertenausweis?
Antworten auf diese und alle weiteren Fragen zum Thema Brustkrebs gab es bei unserer kostenlosen Telefonaktion. Im Folgenden eine Zusammenfassung der wichtigsten Fragen und Antworten.

Bei mir wurde eine Vorstufe von Brustkrebs diagnostiziert. Jetzt soll ich nach der OP noch bestrahlt werden. Muss das sein?
Das hängt vom Befund ab. Grundsätzlich kann sich aus einer Vorstufe ein bösartiger Krebs entwickeln. Deshalb kann eine Bestrahlung notwendig sein.

Wie häufig und in welchen Abständen muss ich zur Nachsorge?
In den ersten zwei Jahren vierteljährlich, danach halbjährlich und nach fünf Jahren jährlich. Dabei werden die Brust und Achseln abgetastet, ein Ultraschall und einmal im Jahr eine Mammographie beim Frauenarzt gemacht.

Reicht das zur Nachsorge? Was ist mit weitergehenden Untersuchungen?
Weiterführende Untersuchungen sollten nur bei Symptomen durchgeführt werden. Wenn man zum Beispiel Knochen oder Bauchschmerzen hat, sollte das symptombezogen mit Knochenszintigrafie oder Oberbauchsonographie abgeklärt werden.

Sollte man regelmäßig den Tumormarker kontrollieren?
Nein. Diese Blutuntersuchung ist völlig unspezifisch und beim Brustkrebs nicht sinnvoll. Das führt nur zur Verunsicherung der Patientinnen, weil es hohe Schwankungsbreiten gibt. Es treibt nur den Stresspegel hoch, wenn man permanent in ärztlicher Untersuchung ist.
Ich habe einen hormonabhängigen Tumor und nehme seit fünf Jahren Tamoxifen. Soll ich jetzt aufhören oder weitermachen?
Das hängt vom Befund ab und davon, wie Sie es vertragen. Je nach Risikosituation und Verträglichkeit wird neuen Studien zufolge empfohlen, die Antiöstrogene bis zu zehn Jahren einzunehmen.

Kann durch eine Bestrahlung oder Chemotherapie ein Karzinom ausgelöst werden?
Ja, aber das Risiko ist gering. Der Vorteil von Chemotherapie und Bestrahlung bei richtiger Indikationsstellung überwiegt bei weitem das Risiko einer Karzinom-Entstehung.

Bei mir wurde Brustkrebs diagnostiziert. Habe ich das Recht auf eine Zweitmeinung?
Jede Patientin hat das jetzt auch von den Kassen verbriefte Recht, sich eine Zweitmeinung einzuholen. Bei Wünschen sollte man offensiv auf die Ärzte zugehen.

Bei mir steht die Bestrahlung an. Wie läuft das ab?
Nach der Bestrahlungsplanung, Berechnen der Bestrahlungsdosis und Einzeichnen der zu bestrahlenden Stelle müssen Sie an fünf Tagen in der Woche zur Therapie. Meistens wird sie gut vertragen, kann aber körperlich anstrengen.

Mir wurde die Teilnahme an einer Studie angeboten, aber ich habe Angst, dass mich das anstrengt.
Sie können die Teilnahme ohne Angabe von Gründen jederzeit abbrechen. Aber Studien sind gut und unterstützenswert, weil unser ganzes Wissen und Fortschritt darauf basieren. Kosten entstehen für Sie nicht.

Wann steht mir die Reha zu?
Nach Abschluss der Behandlung, also nach Chemo und Bestrahlung oder nach der Strahlentherapie, steht Ihnen eine Anschlussheilbehandlung zu. Ein Jahr später können Sie eine weitere Reha in Anspruch nehmen und sollten das auch tun - es wird Ihnen beim Gesundwerden und Verarbeiten der Erkrankung helfen. Üblicherweise wird man in der Klinik über die Ansprüche aufgeklärt und bekommt dort auch Unterstützung bei der Antragstellung.

Ich war im Rahmen des Mammo-Screenings regelmäßig bei der Untersuchung. Das Programm geht aber nur bis 69 Jahre, jetzt bin ich 70. Was tun?
Gehen Sie regelmäßig zum Frauenarzt und lassen Sie sich, wenn möglich, weiter alle zwei Jahre eine Überweisung zur Mammographie geben.

Ich hatte vor zehn Jahren Brustkrebs. Jetzt habe ich ein paar Hautveränderungen. Kann es da einen Zusammenhang geben?
Das kann man nicht pauschal sagen. Veränderungen in der Haut sollten Sie beim Frauenarzt abklären lassen, Veränderungen wie Leberflecke oder Warzen beim Hautarzt. Eventuell kann man eine kleine, ambulante Biopsie machen.

Meine Frau hatte Brustkrebs und ist jetzt psychisch stark verändert. Wie kann ich ihr helfen?
Durch eine Krebserkrankung kann es durchaus zu depressiven Verstimmungen kommen. Das wird von der Umgebung schlimmer empfunden als die Erkrankung selbst. Die Betroffenen sind oft in einem schwarzen Loch und kommen nicht mehr heraus. Die Familie versteht oft nicht, was mit der Frau los ist - die Operation hat sie zwar gut weggesteckt, aber dann kommt sie nicht mehr zurecht. Eine Krebserkrankung ist wie ein Damoklesschwert. Das darf man nicht unterschätzen. Die Ängste können noch Jahre danach immer wieder hochkommen. Möglicherweise hilft eine Psychotherapie oder Antidepressiva.