Um die Jahrtausendwende drohte dem Holzschwellenwerk Schwandorf das Aus. Der Siegeszug der Betonschwelle - er war nicht aufzuhalten. In dem oberpfälzischen Werk, bis zur Wiedervereinigung war es das einzige Holzschwellenwerk der damaligen Bundesbahn, arbeiteten um die Jahrtausendwende gerade noch 25 Mitarbeiter. Auf einer Werksfläche von 22 Hektar. Es herrschte so etwas wie Endzeitstimmung, erzählt Hubertus Willeke, heute Leiter des Werks Oberbaustoffe der DB Netz AG in Witten und in dieser Funktion auch für Schwandorf zuständig. Früher waren in dem 1913 gegründeten Werk über 300 Mitarbeiter beschäftigt. Heute sind es wieder 87. "Diesen Stamm wollen wir halten, so Willeke. Dazu kommen noch einmal etwa 20 Leiharbeiter, die allesamt wieder viel zu tun haben. Woher der Umschwung angesichts des unaufhörlichen Vormarsches der Betonschwelle? "Das Streckennetz der Bahn besteht immer noch zu rund 50 Prozent aus Holzschwellen", erläutert Willeke. Besonders auf den Nebenstrecken kämen nach wie vor Holzschwellen zum Einsatz. Diese Nachfrage gelte es weiter zu bedienen. Hinzu komme der normale Instandhaltungsbedarf auf den Bestandstrassen. Außerdem: Im Rangierbereich von Bahnhöfen und bei Brückenbauwerken würden aufgrund ihrer Flexibilität und Robustheit nach wie vor bevorzugt Holzschwellen verlegt. Also: Keine Schließung des Werks Schwandorf. Statt dessen ein Neuanfang. Die Produktpalette wurde in den letzten zehn Jahren erweitert, in die Altlastensanierung werden Millionen investiert. Beim Imprägnieren der Holzschwellen mit Teeröl war man in früheren Jahren wenig zimperlich. Rückstände gelangten in den Boden und ins Grundwasser. Mit der Entscheidung zum Erhalt des Standorts und damit auch der Holzschwellenfertigung musste deshalb auch saniert werden. Seit 2008 wurden 60 Brunnen zur Förderung des Grundwassers angelegt. Das belastete Wasser wird seither gereinigt und danach vor Ort wieder versickert. Oberstes Ziel war es dabei, die Teerölrückstande zu isolieren, um Gefahren für die Umwelt und die Bevölkerung der Nachbarschaft auszuschließen. Das Imprägnieren der Holzschwellen findet heute in einer Druckkammer statt, ohne dass Mitarbeiter mit dem Teeröl und austretenden Dämpfen in Berührung kommen. Zudem ist das heute verwendete Imprägniermaterial wesentlich umweltfreundlicher als noch vor Jahren. Derzeit lagern auf dem Schwandorfer Werksgelände unbearbeitete Holzschwellen im Wert von sechs bis zehn Millionen Euro. An sich totes Kapital. "Aber", so Werkleiter Christian Suhren, "das Holz muss ein Jahr lagern und komplett austrocknen, ehe es bearbeitet werden kann." Verarbeitet wird übrigens ausschließlich Eichen- und Buchenholz. Eingekauft wird überall in Europa, die Ausschreibung erfolgt eu-weit.Heute werden in Schwandorf 90.000 Meter Weichenschwellen und 70.000 Meter Gleisschwellen gefertigt. Da die Holzschwellenproduktion aufgrund der Betonschwellenkonkurrenz rückläufig bleibt, denkt man in Schwandoerf über Alternativen nach. Plastikummantelte Schwellen etwa oder eine eigene kleine Betonschwellenfertigung. Zur Standortsicherung hat man sich in dem eher strukturschwachen Gebiet deshalb einiges einfallen lassen. So werden inzwischen auch in Schwandorf Weichen und Zungenvorrichtungen montiert, Passschienen gelagert und konfektioniert, Rippenplatten aufbereitet und mit einer Molydänbeschichtung versehen. Außerdem dient der Standort als bundesweites Zentrallager für stählerne Gleiskleinteile und andere Oberbauhilfen, die im Bedarfsfall innerhalb weniger Stunden von hier aus bundesweit verschickt werden können. Und aus der Not der Altlastensanierung hat man eine Tugend gemacht. Dort wo Brunnen zur Sanierung des Grundwassers gebohrt wurden, entsteht soeben auf einer Fläche von 20.000 Quadratmetern eine Photovoltaikanlage. Statt Teeröl im Grundwasser also in Zukunft Strom von der Sonne.