Als Fotograf Ronald Rinklef mich in aller Früh abholt, begrüßt er mich süffisant: "Meine Frau sagt, du bist wohl a Hex'." Hm??? Ach so! Weil es schon wieder regnet?! Nee, dafür kann ich nun wirklich nichts, aber wir haben tatsächlich auch für den zweiten Ausflug im Rahmen der Sommerserie gemischtes Wetter erwischt. Was wir außerdem erwischt haben: Die mit Abstand weiteste Strecke. Wir müssen 160 Kilometer einfach bis an die Landesgrenze gurken. Geschichtliches im Nachgang Mönchsroth heißt unser Ziel, eine beschauliche Gemeinde mit 1600 Einwohnern im mittelfränkischen Landkreis Ansbach nahe Dinkelsbühl. Bei unserem Besuch ging es eher um die Begegnungen mit Menschen oder einfach um Erlebnisse, die spontan auf uns warten würden. Im Nachgang schrieb uns allerdings ein Leser, dem der Hinweis auf einige Besonderheiten seines Heimatortes wichtig ist. Diese Informationen von Günter Deininger möchten wir gerne weitergeben. "Der Ort dürfte um 850 entstanden sein. Das lässt sich aus der Existenz der "grundherrlichen Eigen- oder Königskirche" in der Dorfmitte (Dorfkirche St. Oswald und Ägidius) schließen. An der Rothach gab es eine Furth, welche ebenfalls auf eine erste Ansiedlung an dieser Stelle hinweist. Die Kirche wurde mehrmals verändert, der unterste Teil des Turms mit einer historischen Altarmensa ist jedoch weitestgehend unverändert. Das Kirchenschiff wird von einem herrlichen Holztonnengewölbe überspannt. Klosterkirche und ehemalige Synagoge Sehenswert ist die Klosterkirche St. Peter und Paul. Sie war Teil eines Benediktinerklosters aus dem 12. Jahrhundert. Trotz aller Beschädigungen in den Bauernkriegen - kurz danach wurde das Kloster aufgelöst - stellt sie ein Juwel für Mönchsroth dar. In den 80er Jahren wurde sie vorbildlich restauriert, unter anderem Renaissance-Decken-Malereien freigelegt, mitfinanziert durch die Gemeindemitglieder. Heute beherbergt sie eine große Gemälde-Sammlung von Georg Bickel, der Pfarrer in Mönchsroth war. Bekannter dürfte der unter dem Namen "Fränkischer Malerpfarrer" sein. Die Klosterkirche war und ist zentraler Veranstaltungsort des Mönchsrother Kultursommers 2017.Schließlich soll hingewiesen werden auf den umfangreichen Anteil jüdischer Mitbürger in Mönchsroth, der im Lauf der Geschichte einmal fast ein Viertel der Bevölkerung ausgemacht hat. Es gibt noch eine ehemalige Synagoge, die allerdings privat als Getränkelager und Wohnhaus genutzt wird. Davor wurde ein bemerkenswertes Denkmal angeordnet, welches an die ehemaligen jüdischen Mitbürger erinnert und ihrer gedenkt." Jede Menge Vogelhäusla Einige der von Deininger genannten Sehenswürdigkeiten haben wir bei unserem Besuch gestreift. Erstmal aber haben wir geparkt und sind zu der Stelle gelaufen, an der mein Pfeil gelandet war. "A Vogelhäusla werden wir schon finden", sagt Ronald und schon stehen wir auf einer Wiese, sattgrün am Ortsrand zwischen einer schmucken Häuserreihe und dem Flüsschen Rothach gelegen (in der Woche davor waren wir an der Rodach!). Wir finden sogar mehrere Vogelhäusla, machen Fotos und gehen zurück zur Hauptstraße. Ein Mann streckt seinen Kopf aus der Tür eines Ladens, der wird gleich mal "verhaftet". Hinter ihm türmen sich allerhand bunte Dinge: Wir sind in einer Eventagentur gelandet. Thomas Weidenbacher ist die rechte Hand vom Chef und erklärt, dass ihre Firma deutschlandweit für Veranstaltungen und Ballondekorationen gebucht werden kann. Er kramt in einer Kiste und holt die "Smoke Erna" heraus. Die Handpuppe kann mit einer Pumpe betrieben "Rauch" ausblasen und wird zur Nikotinentwöhnung eingesetzt. Was es nicht alles gibt! Aufregung beim Friseur Ein Foto mit Erna muss sein, bevor der Eventspezialist uns noch über die örtlichen Besonderheiten aufklärt. Nämlich: Mönchsroth liegt direkt an der Grenze. Weidenbacher zeigt die Straße runter: "Da hinten, seht ihr das Friseurschild?, das ist das letzte Haus in Bayern. Dahinter liegt Regelsweiler, da beginnt Schwaben." Das mit der Grenze war schon beim "Spickern" klar, weshalb ja auch alle gesagt hatten: Da fährst hin, das ist doch spannend! Also auf zum Friseur. Vor dem Haus läuft eine ältere Dame aufgeregt auf und ab. Es ist die Frau von Robert Bossert, der mit 76 Jahren noch Haare schneidet. "Ja," sagt die Chefin auf Nachfrage, "unsere Hecke ist die Grenze." Dann bittet sie im breiten schwäbisch - so reden sie hier alle - um Verständnis, dass sie sich nicht weiter unterhalten kann: Im Salon ist eine Kundin zusammengebrochen und jetzt warten sie auf den Krankenwagen. Der kommt prompt angefahren und wir wechseln mal die Straßenseite. 40 Jahre Limesbad Sofort steuert ein Radfahrer direkt auf uns zu: "Was wird denn da fotografiert?" Wir erklären es und schon haben wir den nächsten Ortskundigen am Wickel. Wilfried Glatter ist Rentner und kommt gerade von seiner täglichen Schwimmrunde aus dem Limesbad. "Das ist heuer 40 geworden", sagt Glatter stolz. Dann zeigt er hinter sich: "Die rechte Straßenseite ist Baden-Württemberg, links gehören noch paar Häuser zu Bayern." Manche stünden direkt auf der Grenze, weshalb die Bewohner gern Witze darüber machen - dass die Grenze durchs Ehebett geht und so. Wanderer, Radler und Holländer kommen Glatter wohnt gern in Mönchsroth, das von der Schule über Einkaufsmöglichkeiten bis hin zu Banken und billigem Bauland alles bietet, was man zum Leben braucht. Der Ort hat eine eigene Bürgermeisterin und bildet eine Verwaltungsgemeinschaft mit zwei anderen Gemeinden. Die Grenze ist im Alltag kein großes Thema. Allerdings: "Wir lesen die Fränkische Landeszeitung, die anderen die Ellwanger Zeitung, die hören jeweils an der Grenze auf. Von drüben erfährst du da nix." Außerdem kommen die Evangelen aus Schwaben nach Mönchsroth zum Gottesdienst. Dann empfiehlt sich Glatter - Rentner haben, wie man weiß, nicht ewig Zeit. Wir fahren noch ein bisschen durch den Ort und halten an einer Gaststätte, die mit einem Fahrrad im Baum auf sich aufmerksam macht. Drinnen sitzt die Chefin vor riesigen Schüsseln beim Salatputzen und ruft ihren Mann. Eduard Schlosser hat den "Landgasthof Felsenkeller" 2015 von seinen Eltern übernommen und renoviert. Er ist der Küchenchef, seine Frau kümmert sich um die Fremdenzimmer. "Wir liegen an der Limesstraße, an der Romantischen Straße und am Fränkischen Karpfenradweg", zählen die Wirtsleute auf. "Bei uns machen Radfahrer und Wanderer Station." Wirtshaussterben auf dem Land Auch viele Holländer übernachten auf der Durchreise im Felsenkeller, der so heißt, weil früher die Mönche aus dem nahe gelegenen Kloster hier ihr Bier gekühlt haben. Schlossers Großvater baute über dem Keller ein Haus, das später zum Gasthof wurde - einem von heute nur noch zwei in Mönchsroth. "Wir haben hier ein Wirtshaussterben", sagen Schlossers. "Die Jungen wollen die Gaststätten von den Eltern nicht übernehmen, die Auflagen sind hoch und man findet kein Personal." Besser Limeseum oder Bamberg? Von dem netten Ehepaar bekommen wir noch eine Empfehlung für die Rückfahrt und halten am Limeseum. Das archäologische Museum im Römerpark Ruffenhofen wurde 2012 eröffnet und ist der erste Museumsneubau in Bayern seit der Ernennung des Limes zum Unesco-Welterbe (2005). Dort treffen wir elf Radfahrer aus Pullach, die vier Tage lang die Gegend erkunden. Sie wundern sich: "Ihr kommt extra aus Bamberg hierher, wo es bei euch doch viel schöner ist?" Das hört man natürlich gern. Aber: Unsere Grenzerfahrung war auch sehr schön. Nachahmung empfohlen!Lesen Sie am Donnerstag, 24. August 2017, was Günter Flegel in Püttlach erlebt.