Zurzeit vergeht kein Tag, an dem sich nicht mindestens ein Kollege krank meldet, Verabredungen abgesagt werden, Kinder aus Kindergarten oder Schule abgeholt werden müssen, weil sie sich "matschig" fühlen. Überall wird gehustet, geschnieft, geniest und geschnäuzt, viele sind schon seit Wochen krank oder haben sich zum wiederholten Male angesteckt. Ist es nur ein Gefühl, dass heuer besonders viele Menschen besonders heftig erkältet sind? Und: Hat die Grippewelle schon ihren Höhepunkt erreicht? "Um diese Jahreszeit haben wir immer eine erhöhte Aktivität, was Erkältungen und Grippe betrifft", sagt Claudia Schuller, Sprecherin am Bayerischen Landesamt für Gesundheit (LGL) in Erlangen. "Es ist ganz normal, dass man im Februar eine Influenza bekommt." Mehr Erkrankte als auf dem Land gebe es in Großstädten, "wo Menschen dicht gedrängt auf einen Haufen sind, in Verkehrsmitteln oder bei Veranstaltungen." Deshalb schlage zum Beispiel München regelmäßig mit ein paar Hundert Fällen zu Buche, während Unterfranken höchstens ein paar Dutzend Grippekranke verzeichnet. Wobei, schränkt Schuller ein, "man auch nicht sagen kann, dass nach einer Großveranstaltung sofort die Influenza-Erkrankungen ansteigen. Aber ein Zusammenhang ist im Regelfall da." Dass die Grippewelle zuerst die nördlichen und östlichen Bundesländer getroffen hat und dieser Tage über den Süden und Bayern rollt - für Schuller ist das Zufall. "Man weiß nicht, warum das so ist", sagt sie. "Das ist für die Medien interessant", meint die LGL-Sprecherin, die Behörden fänden diesen Aspekt aber nicht besonders beachtenswert.Gleichwohl ist nach Beobachtung des Landesamtes für Gesundheit die Zahl der Grippe-Patienten aktuell in den letzten drei Wochen angestiegen. Das LGL stützt sich dabei auf die Meldungen der bayerischen Gesundheitsämter, die jede Woche am Freitag die Neuerkrankungen nach Erlangen durchgeben. Demnach sind seit 1. Januar bis jetzt 4423 Personen an Influenza erkrankt, davon allein in den vergangenen zwei Wochen 2290 Personen.Trotz des aktuellen Anstiegs sind die Daten laut LGL-Sprecherin Schuller "vom Jahr her nicht ungewöhnlich." Man könne die Zahlen mit der Saison 2008/2009 vergleichen, die ähnlich verlaufen sei. 2012 dagegen war ein schwächeres Jahr. "Die Saison begann spät und ging bis weit in den Frühling hinein", sagt Schuller, "heuer begann sie früher. Deshalb sind wir im Verlauf der Kurve 2013 schon weiter und haben aktuell höhere Zahlen." Diese Beobachtung macht auch das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin. Es veröffentlicht während der Influenzasaison wöchentlich auf der Webseite der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) unter http://influenza.rki.de einen Bericht und eine interaktive Karte über die "Aktivität akuter respiratorischer Erkrankungen". Die Erhebungen zeigen: "Dieses Jahr haben wir eine starke Saison bei Erkältungskrankheiten sowie bei der echten Virusgrippe", sagt RKI-Sprecher Günther Dettweiler. Absolute Zahlen liegen dem Institut zwar nicht vor, aber die gemeldeten Daten ließen einen eindeutigen Rückschluss zu. In den vergangenen zwei Wochen habe "das Geschehen" noch einmal zugenommen und sei jetzt in allen Regionen, auch im Süden Deutschlands, angekommen. Doch Dettweiler möchte die Zahlen richtig eingeordnet wissen und bestätigt die Aussagen des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit: "Wir hatten letztes Jahr ein schwaches Grippejahr, deshalb fallen die Zahlen heuer mehr auf." In den letzten zehn Jahren seien außer 2008/09 nur in der Saison 2004/05 höhere Werte erreicht worden.Das RKI hat deutschlandweit die umfassendste Datenübersicht und bekommt seine Zahlen aus drei Quellen. Zum einen müssen Laboratorien (gemäß den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes, IfSG) Influenzavirus-Nachweise an die zuständigen Gesundheitsämter melden, die sie über die Landesbehörden an das Robert Koch-Institut übermitteln. Darüber hinaus werden die Daten der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) genutzt. Die AGI ist ein Netzwerk von rund 700 regelmäßig an das RKI berichtenden Haus- und Kinderärzten, die zusammen etwa ein Prozent der Bevölkerung versorgen. Sie teilen dem Robert Koch-Institut alle akuten Atemwegserkrankungen mit sowie die Zahl der Krankenhauseinweisungen und Arbeitsunfähigkeiten (oder Pflegebedürftigkeit) aufgrund einer solchen Diagnose. Dritte Daten-Quelle ist das am RKI angesiedelte nationale Referenzzentrum für Influenza, ein Labor, an das etwa 150 Arztpraxen Nasenabstrichproben von Patienten mit typischen Influenzasymptomen schicken. Dieses Material wird untersucht und die sogenannte Positivenrate bestimmt. "Bei etwa 61 Prozent der Proben finden wir Influenza", sagt RKI-Sprecher Dettweiler. All diese Fälle, die im Labor gefunden wurden, sind Dettweiler zufolge aber nur die Spitze des Eisbergs. Denn: Nicht jeder, der erkältet ist, geht zum Arzt. Und nicht jeder Arzt veranlasst eine Laboruntersuchung. Ob die Grippewelle 2013 ihren Höhepunkt schon erreicht hat, kann das RKI nicht sicher sagen. Es sei möglich, dass es nochmal eine Zunahme der Neuerkrankungen gibt, der Scheitelpunkt könne aber auch bereits erreicht sein. Erfahrungsgemäß dauert die Influenza-Saison bis zu zehn Wochen.