Als die Vorsitzende der Frauenunion Bayern, Angelika Niebler, am Samstag auf dem kleinen Parteitag der CSU die Delegierten mit dem Antrag konfrontierte, Hartz-IV-Empfängerinnen sollten künftig kostenlos Verhütungsmittel erhalten, formierte sich schnell der Widerstand. Die Antragskommission begründete ihr ablehnendes Votum mit dem Hinweis, dass die Kosten für Verhütungsmittel im Regelbedarf für Hartz IV- und Sozialhilfeempfänger bereits enthalten seien. Und der Bundestagsabgeordnete Stephan Stracke verwies darauf, die CSU sei die Partei der Familie. Und das bedeute auch ein klares Ja zu Kindern. Wie auch immer, die Mehrheit der 200 Delegierten hielt es mit der Frauenunion - die kostenlose Pille war beschlossene Sache.Niebler hatte ihre Parteifreunde mit dem Hinweis überzeugt, dass es nicht nachvollziehbar sei, wenn einerseits die Finanzierung von Verhütungsmitteln bei Frauen in wirtschaftlich schwerer Lage nicht gewährt werde, andererseits jedoch die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs übernommen würden. Faktisch werde so die Abtreibung der Verhütung vorgezogen. Das sei sowohl mit der in der Verfassung verankerten Verpflichtung zum Lebensschutz unvereinbar, als auch mit dem für christlich stehenden C im Parteinamen. Baldige Umsetzung angestrebt Was bedeutet der Erfolg der CSU-Frauen? Die Sprecherin der bayerischen Frauen-Union, Astrid Gabler, erwartet nun von der CSU-Landesgruppe im Bundestag eine baldige Umsetzung. Man habe sich extra nicht mehr auf eine Änderung der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II und XII bezogen, sondern auf den Paragrafen 24 a des SGB V. Der stehe schon bislang für die Übernahme der Kosten für Verhütungsmittel für junge Frauen bis zum Alter von 20 Jahren durch die Krankenkassen. Das könne schnell erweitert werden um die Gruppe bedürftiger Frauen bis zum Alter von 27 Jahren. Deshalb auch - angelehnt an die Jugendhilfe - die Altersgrenze. Astrid Gabler: "Es ist uns im Interesse der betroffenen Frauen um eine möglichst rasche Umsetzung unseres Antrags gegangen."Mirjam Dauscher, Geschäftsführerin der Frauenberatungsstelle "pro familia" in Nürnberg, zeigt sich erfreut über die Entwicklung. Weil bislang einfach viel zu wenig Mittel zur Unterstützung hilfsbedürftiger Frauen zur Verfügung stünden. Die Stadt Nürnberg unterstütze die Arbeit von pro familia mit 40 000 Euro. Das reiche gerade mal, um Frauen in besonderen Notlagen helfen zu können. Den Kommunen fehlt häufig schlicht das Geld, um helfen zu können. Wie in Würzburg. Hier sollten 60 000 Euro in den Haushalt eingestellt werden, um die Kosten für Verhütungsmittel für Hartz-IV-Empfängerinnen übernehmen zu können. Der Antrag wurde letztlich mit dem Hinweis auf die leeren Stadtkassen abgelehnt. Die Ausnahme München München macht dagegen eine Ausnahme. Hier haben die Stadtväter insgesamt 1,6 Millionen Euro bewilligt, um Frauen in wirtschaftlicher Not kostenfrei mit Verhütungsmitteln zu versorgen.Landkreise und Städte waren es also bislang, die die Arbeit von Beratungsstellen wie pro familia oder donum vitae unterstützten. Nachdem nach der SPD und den Grünen nun auch die CSU Hartz-IV-Empfängerinnen unterstützen wolle, hofft Mirjam Dauscher darauf, dass sich die Notlage für viele Frauen bald entspannt.Die Sprecherin der Frauen-Union verweist darauf, dass es Maria Eichhorn war, sie ist Vorsitzende des von der katholischen Kirche initiierten Vereins "donum vitae" in Bayern, die die Frauenunion für die Not der Hartz-IV-Frauen sensibilisiert hat.A propos Kirche: Auf Nachfrage erklärte eine Pressesprecherin der Deutsche Bischofskonferenz, man wolle sich an der Diskussion über kostenlose Verhütungsmittel für Hartz-IV-Empfängerinnen lieber nicht beteiligen. Kommentar von Klaus Angerstein: Ein Vorstoß, der den Frauen hilft Sollen Frauen, die mit Hartz-IV-Unterstützung leben müssen, kostenlos Verhütungsmittel erhalten? Der Zugang dürfe nicht vom Geldbeutel abhängig sein, sei ein Menschenrecht. Sagen die einen. Beim Geschlechtsverkehr einfach besser aufpassen, sagen andere. Gar nichts sagt die deutsche Bischofskonferenz. Wohl deshalb, weil die katholische Kirche unverrückt an ihrer Enzyklika "Humanae vitae" aus dem Jahr 1968 festhält. Und damit an einem grundsätzlichen Nein zur Verhütung. Den Betroffenen hilft das nicht wirklich. Hartz-IV- Frauen etwa, denen monatlich 17,66 Euro für Gesundheitspflege zur Verfügung stehen. Das soll reichen für Zahnpasta, Seife, Monatshygieneartikel, aber auch für Medikamente und Zuzahlung in der Apotheke. Und für Verhütungsmittel. In den Beratungsstellen von pro familia weiß man, dass das nicht funktioniert. Weshalb der Vorstoß der Frauen-Union zu begrüßen ist. Bislang hängt die in der politischen Landschaft überwiegend für notwendig und richtig erachtete Übernahme von Verhütungskosten für Hartz-IV-Frauen von der Kassenlage der Kommunen ab. In München werden die Verhütungskosten übernommen, in Nürnberg nur in Härtefällen, andernorts überhaupt nicht. Im letzteren Fall heißt das: Abtreibungen werden bezahlt, Verhütungsmittel nicht. Und das ist widersinnig, um nicht zu sagen unmoralisch.