Ein Mann rastet aus, tobt, wird aggressiv. Der herbeigerufene Notarzt kann nicht helfen, die alarmierte Polizei liefert den Tobenden in der Psychiatrie ab - eine Zwangseinweisung, wie sie immer wieder vorkommt. Zu oft, meint der Chef des bayerischen Bezirketags, Josef Mederer. Er fordert namens der bayerischen Bezirke endlich die Verabschiedung eines psychischen Krankenhilfegesetzes auch im Freistaat. Die Bezirke tragen in Bayern die Gesamtverantwortung in der psychiatrisch-medizinischen Versorgung, betreiben an über 44 Standorten Fachkrankenhäuser, Fachabteilungen und Tageskliniken mit über 6000 Betten der Fachrichtung Psychiatrie und Psychotherapie. Mederer fordert eine Reform der öffentlich-rechtlichen Unterbringung, ein Gesetz, das Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Erkrankungen klar regelt. Betroffen von der Regelung wären viele. "Vor zehn Jahren hatte noch jeder fünfte Bürger einmal im Leben mit psychischen Problemen zu kämpfen. Heute ist jeder Zweite betroffen", so der Bezirkstagepräsident.Katja Bittner, Vorstand des Bezirksklinikums Obermain in Kutzenberg, kann das nur bestätigen. Und sie verweist auf die 2009 von Deutschland ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention. In der wird für Behinderte, hierzu zählen auch Menschen mit seelischen, geistigen oder Sinnesbeeinträchtigungen, eine selbstbestimmte und diskriminierungsfreie Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gefordert. Dem genüge das bisherige bayerische Unterbringungsgesetz nicht in vollem Umfang. Während nahezu alle Bundesländer inzwischen ihre Hausaufgaben erledigt haben und die Gesetzgebung anpassten, hinkt neben Hessen auch noch Bayern als letztes Bundesland hinterher. Was genau fordern die Bezirke? Zuallererst die Einrichtung sogenannter psychiatrischer Krisendienste. Sie sollen flächendeckend in ganz Bayern eingerichtet werden. Im Ernstfall für weniger Zwangseinweisungen sorgen, weil geschulte Experten Polizeieinsatz oft vermeiden könnten. Zudem könnten die Krisendienste bereits im Vorfeld präventiv tätig werden. In Oberbayern und in Mittelfranken wird das bereits erfolgreich praktiziert. Die Bezirke möchten sich allerdings die Kosten für einen solchen flächendeckenden Krisendienst mit dem Freistaat teilen. Wenn es zu Zwangsmaßnahmen kommt, sollen die künftig zentral in einem Zwangsregister erfasst werden. Verbesserte Präventionsmaßnahmen und eine verstärkte Einbindung der Angehörigen sollen letztlich der Stärkung der Patientenrechte dienen. Hört sich alles gut an, was fehlt ist die Umsetzung in Bayern. Nach dem Vorliegen der Ergebnisse verschiedener Arbeitsgruppen soll es noch heuer einen Gesetzentwurf geben. Es wäre an der Zeit.