Die Diskussion über Sterbehilfe ist wichtig, weil sie ein existenzielles Thema aus der Tabu-Ecke holt. "Doch die Begriffe werden so verwendet, dass sie Ängste schüren", kritisiert der Bamberger Palliativmediziner Jörg Cuno. "Niemand weiß, was erlaubt ist. Sogar in Fachkreisen herrscht Unsicherheit." Deshalb setzt er einen Kontrapunkt: Als Symbol für einen guten Umgang mit sterbenden Menschen schickt er von Bamberg aus eine kleine Taube auf die Reise. Als leitender Arzt des "spezialisierten ambulanten Palliativteams" (SAPV) am Bamberger Klinikum mit Stützpunkten in Neustadt/Aisch, Ebermannstadt, Ebern und Burgebrach begleitet Cuno jeden Tag Menschen auf ihrem letzten Lebensweg. Nur ein einziges Mal habe ihn ein Patient um aktive Sterbehilfe gebeten - und davon Abstand genommen, nachdem er palliativ versorgt und seine Symptome gelindert wurden. Genau das sei die Aufgabe der Palliativmedizin: Schwerkranken beizustehen und ihre Schmerzen, Luftnot, Übelkeit oder Angst zu lindern. Palliativ-Portal "Dieses Bewusstsein ist noch zu wenig in der Gesellschaft angekommen", sagt Cuno. Stattdessen werde mit großer Angst für das Lebensende gespielt. "Sterben wird immer mit Schmerzen und Leid gleichgesetzt. Damit werden die Menschen immerzu konfrontiert", kritisiert der Mediziner. Um diese Ängste aufzubrechen, gründete er 2008 das Palliativ-Portal im Internet. Es richtet sich an Betroffene und Angehörige sowie Fachleute und informiert über Palliativmedizin und -Einrichtungen, über Termine, politische Diskussionen oder Stellenanzeigen. Der Inhalt kann über eine App auch unterwegs genutzt werden.Als Symbol hatte Cuno eine kleine Taube ausgewählt, die nun im Zuge der Diskussion über die Sterbehilfe zu besonderen Ehren kommt: "Die Taube steht für eine Haltung. Sie soll das Bewusstsein für eine würdige Unterstützung in kritischen Lebensphasen und für den Umgang der Gesellschaft mit sterbenden Menschen schaffen." Cuno bezeichnet die Taube als "Gegenstück zur permanenten Diskussion, die Angst vor dem Sterben schürt" und bricht eine Lanze für die Palliativmedizin: "Es ist eine Entlastung für alle, wenn Menschen klar sind und sterben dürfen." Und das müsse außer in Kliniken oder Palliativstationen auch dezentral, Zuhause, möglich sein. "Die Pallativmedizin muss in der Gesellschaft verankert werden", sagt Cuno. "Auch Sterben ist Leben." Bis Florida geflattert Um diese Haltung zu verbreiten, ließ Cuno Aufkleber der Taube drucken und machte seine Versand-Aktion über das Palliativ-Portal und seine Palliativ-Facebook-Seite publik. "Die Resonanz war enorm", sagt der Arzt und lächelt. In kurzer Zeit seien aus dem deutschsprachigen Raum 3500 Tauben bestellt worden, eine flatterte sogar bis Florida. Das weiß Cuno deshalb so genau, weil der Versand mit der Bitte verbunden ist, ein Foto des Klebeortes zurückzuschicken. Daraus entsteht auf Cunos Palliativ-Facebook-Seite ein buntes Album: Die Taube ziert Autos, Briefkästen, Thermoskannen, Eingangstüren von Pflegestationen. Unterstützer fand Cuno auch in Bambergs OB Andreas Starke, der die Taube auf seinen Terminkalender geklebt hat. "Den habe ich immer dabei, hier kann die Taube von jedem gut gesehen werden", sagt Starke. "Mein Dank gilt dem Gründer Dr. Jörg Cuno, der sich mit großem Engagement für seine Patientinnen und Patienten einsetzt und der nun das Palliativ-Portal ins Leben gerufen hat. Hier finden betroffene Menschen und ihre Angehörigen Unterstützung in der schweren Zeit. Dafür danke ich von Herzen."Auch die bayerische Gesundheitsministerin ist voll des Lobes: "Die Palliativ-Portal Taube wirbt für die Palliativversorgung - und damit für eine menschliche und würdevolle Begleitung schwerstkranker und sterbender Menschen. Ich finde, das ist eine tolle Aktion!" Kostenlose Bestellung Bestellt werden können die Aufkleber per Mail an info@palliativ-portal.de. Der Versand ist kostenlos.Weitere Informationen gibt es auf dem Palliativ-Portal, das Fotoalbum mit den Klebeorten der Tauben ist auf Facebook zu finden.