Der Kulmbacher Jürgen Köhnlein, Mitglied im Bundesvorstand der Deutschen Polizeigewerkschaft, erklärt gegenüber dieser Zeitung: "Die Kollegen sind am Rande ihrer Belastbarkeit angekommen. Wenn es keine Entlastung gibt, dann wird die Einsatzfähigkeit leiden." Der Hauptkommissar beklagt die aufwendige Arbeit, jeden einzelnen Asylbewerber bei der Ankunft in Erstaufnahme-Einrichtungen erkennungsdienstlich zu behandeln und deren illegale Einreisen bei der Staatsanwaltschaft anzuzeigen. Das sei rechtlich vorgeschrieben, aber diese Bürokratie binde nur viel Personal und verschwende wertvolle Arbeitszeit. "An einem Sonntag etwa kamen 100 Flüchtlinge in Kulmbach an. Der Dienststellenleiter der dortigen Inspektion musste Polizisten aus der Freizeit zurück rufen, damit sie die Asylbewerber registrieren konnten." Die Folge solcher Einsätze: Die Überstunden-Konten der Beamten sind übervoll, Urlaubstage werden gestrichen. Viele Überstunden Damit nicht genug: Immer wieder müssten Beamte ausrücken, wenn etwa Kleinbusse mit Flüchtlingen gestoppt und die Insassen kontrolliert werden müssen. Erwischen Köhnleins Kollegen den Schleuser am Steuer des Fahrzeugs, wird die Arbeit zusätzlich umfangreicher: Festnahme und die Fahrt zum Haftrichter folgen, nehmen noch mehr Zeit in Anspruch. Dazu komme die aufwendige Bestreifung von Flüchtlingsheimen zum Schutz vor fremdenfeindlichen Übergriffen. In den Unterkünften haben die Beamten ebenfalls viel zu tun, wenn es dort zu Streitigkeiten kommt. "Vor kurzem eskalierte eine Auseinandersetzung im östlichen Oberfranken. Etwa 20 Flüchtlinge kamen in Streit, hatten sich bereits mit Stangen bewaffnet. Nur das massive Auftreten von Kollegen hat den offenen Gewaltausbruch verhindert", erzählt Köhnlein. Die Reserven bei der Polizei sind begrenzt. Eigentlich gibt es vier Einsatzzüge in Oberfranken als Puffer, doch auch die seien stark beansprucht, räumt der Polizeigewerkschaftler ein. Die Folge all dieser zusätzlichen Aufgaben: wichtige Präventionsprojekte für Kinder und Jugendliche stünden auf dem Prüfstand, genauso wie sachfremde Polizei-Aufgaben, etwa die Begleitung von Schwerlast-Transportern auf Autobahnen. Ermittlungsarbeit bleibt liegen Köhnlein kritisiert: "Personalintensive Ermittlungen zur Bekämpfung von Einbruchs-Kriminalität oder dem Handel von Drogen wie Crystal Meth werden derzeit zurückgestellt. Man kann nur hoffen, dass Kriminelle diese Lage nicht für sich ausnutzen."Daher fordert die Deutsche Polizeigewerkschaft vom Freistaat, neue Beamte für den Polizeidienst. Doch bis diese Kollegen zur Verfügung stehen, werden drei Jahre wegen der aufwendigen Ausbildung vergehen, weiß auch Köhnlein. "Eine Besserung der Lage für meine Kollegen ist somit leider nicht in Sicht." Auch für die ehrenamtlichen Helfer ist die Organisation der Flüchtlingswelle eine Herausforderung. Gernot Jungbauer, Geschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) in Mittel- und Oberfranken, klagt über die Beanspruchung: "Seit Wochen sind wir auf die Arbeit der Ehrenamtlichen angewiesen." Viele von ihnen verteilen Essen an Flüchtlinge und errichten Notunterkünfte. Jungbauer: "Diese Tätigkeiten binden unsere Helfer dauerhaft. Für sie ist es schwer, dass sie das neben ihrer eigentlichen Arbeit tun." Lohnausfall, wie ihn Feuerwehrleute bekommen, erhalten die BRK-Mitglieder nicht. In 16 Kreisverbänden in Ober- und Mittelfranken gibt es über 20000 Mitglieder. "Am Wochenende finden wir genügend Menschen, die anpacken, aber unter der Woche ist das schwierig." Sein Landesgeschäftsführer, Leonhard Stärk, warnt: "Lange halten wir das mit rein ehrenamtlichen Kräften nicht mehr durch."