"Frieden in Nahost ist kaum denkbar"

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Alltag nicht nur in Jerusalem: Das Militär ist überall präsent. Foto: irfe
Alltag nicht nur in Jerusalem: Das Militär ist überall präsent. Foto: irfe
Nahost-Experte Peter Lintl
Nahost-Experte Peter Lintl
 

Peter Lintl war Nahost-Experte der Uni Erlangen und arbeitet jetzt bei der Stiftung Wissenschaft in Berlin. Im Interview erklärt er den Nahost-Konflikt.

Ob es für Israel und Palästina jemals Frieden geben kann: Peter Lintl äußert sich vorsichtig. Der Nahost-Experte der Uni Erlangen wechselte jüngst zur Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, wo er weiter in seinem Forschungsgebiet Israel arbeitet.

Was sind die Haupt-Streitpunkte des Nahost-Konflikts?

Peter Lintl: Nach dem Zweiten Weltkrieg wollten die Juden dem Antisemitismus entfliehen und einen eigenen Staat aufbauen. Dies wurde unterstützt von den Briten, die in dem von ihnen gegründeten Mandatsgebiet Palästina zionistische und palästinensische Ansprüche auf das Land anerkannten. Das anvisierte Staatsgebiet auf dem Territorium des osmanischen Reichs wurde als Land Israel identifiziert, heute als Palästina bekannt. Dabei war es damals mehr als 1000 Jahre nicht mehr als Palästina bezeichnet worden. Mit wachsender Zuwanderung kam es zu verstärkten Konflikten zwischen Zionisten und Palästinensischer Bevölkerung. Seither geht es um die Frage, wer das Recht hat, in diesem Land einen Staat zu gründen.

Diese Frage ist bis heute ungeklärt. Warum ist das so schwer?

Weil beide Seiten in allen Aushandlungsprozessen kaum aufeinander zugegangen sind und einander zumindest ein Stück weit anerkannt haben. Seit Israel im Sechs-Tage-Krieg 1967 die palästinensischen Gebiete Ostjerusalem und die Golan-Höhen annektiert hat, leben die Palästinenser wieder unter Besatzung. Hinzu kommt der Druck durch die jüdischen Siedlungen, die weiter in den palästinensischen Gebieten gebaut werden.

Gibt es in absehbarer Zeit Chancen für eine Lösung?

Es gibt bis heute Mehrheiten auf beiden Seiten, die eine Zwei-Staaten-Lösung befürworten und bereit sind, Kompromisse einzugehen. Bisher ist das gescheitert, weil Extremisten auf beiden Seiten etwaige Friedenspläne torpediert haben. Nach 25 Jahren vergeblicher Bemühungen und einem tiefen Misstrauen auf beiden Seiten ist die Idee, dass ein Friedensprozess schnell vorangetrieben werden kann, nicht mehr da. Eine Konfliktlösung wird immer schwieriger, weil die Palästinenser nicht mit einer Stimme sprechen und sich Israels Ministerpräsident Netanjahu aus innenpolitischen Gründen keine Annäherung leisten kann. Wichtig wäre bei Friedensverhandlungen die Sicherstellung eines finalen Status, damit sich die Situation der Palästinenser nicht noch weiter verschlechtert und Israel keine weiteren Siedlungen baut.