Gläserne Autofahrer: Kfz-Versicherung führt Überwachungstarif ein

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Fotos: dpa/imago, Fotomontage: Michael Beetz
Fotos: dpa/imago, Fotomontage: Michael Beetz

Das Landesamt für Datenschutzaufsicht mit Sitz in Mittelfranken muss sich ständig mit neuen Problemen beschäftigen - gerade mit Autoversicherungen: Seit Jahresbeginn bietet eine Versicherung Rabatt bei der Kfz-Police an. Dafür müssen die Kunden sich eine Black Box ins Auto einbauen lassen, die das Fahrverhalten aufzeichnet.

Bisher kommt die Black Box immer dann ins Gespräch, wenn ein Flugzeug abgestürzt ist und die Ursache gesucht wird. So ein Gerät gibt es auch für Autos. Etwas kleiner als eine Zigarettenschachtel ist die kleine Kiste, die Daten über das Fahrverhalten erfasst. Seit 1. Januar bietet die Sparkassen-Direkt-Versicherung einen Tarif an, der auf dieser Technik basiert: Eine Telematik-Box zeichnet Fahrtdaten auf, Kunden mit einer sicheren Fahrweise sollen niedrigere Beiträge zahlen.

"Bei den Aufsichtsbehörden wird dieses Modell seit einiger Zeit diskutiert", sagt Thomas Kranig, der Präsident des bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht. Die Behörde im mittelfränkischen Ansbach stimmt sich noch mit den Datenschützern der anderen Bundesländern ab. Bedenken haben sie alle - und die fangen schon beim Tarifsystem an.

Auf Basis der Fahrweise bekommt der Versicherte im Tarif S-Drive Punkte.
Wer gute Werte erreicht, darf am Jahresende auf einen Rabatt von fünf Prozent hoffen. Bei Geschwindigkeitsü bertretungen, bei starkem Beschleunigen und hastigem Bremsen gibt's Punktabzug. In einem geringeren Maß auch bei Nachtfahrten zwischen 23 und 6 Uhr und bei Fahrten in der Stadt. Dort ist das Unfallrisiko statistisch gesehen nun mal höher als auf dem Land.


Punktabzug bei Nachtfahrten

Kritisiert wird, dass dies mit dem Fahrverhalten des Einzelnen nichts zu tun hat. Gäbe es nur noch solche Tarife, würde Autofahren für Schichtarbeiter und Stadtbewohner teuer - egal, wie sie fahren. Wobei auch die Ersparnis durch den Fünf-Prozent-Rabatt fraglich ist, denn der Kunde muss 71,40 Euro für das "Service-Paket" zahlen.
Aber es gehe seinem Unternehmen ja nicht nur um ein billiges Angebot, beteuert Jürgen Cramer, Vorstandsmitglied der Versicherung.

Gerade für junge Fahrer findet er "spannend", dass sie "ein Feedback zu ihrem Fahrverhalten" bekommen. "Und bei schweren Unfällen alarmieren wir automatisch den Rettungswagen." Allein die Rettungsdienstfunktion koste in Österreich bereits 120 Euro - hier würden also auch 50 Euro gespart.


Daten für die Polizei?

Geld interessiert Kranig, den Behördenchef aus Ansbach nicht. Er will wissen, zu welchem Zweck Daten erfasst werden. Klar, der Versicherung gehe es darum, zu sehen, wie einer fährt. "Aber was ist denn bei einem Unfall? Ist die Zweckbindung dann noch gegeben? Kann die Polizei auf die Daten zugreifen? Oder eine Versicherung?"
Wegen des Datenschutzes hat die Sparkassen-Versicherung eigentlich keinen Zugriff auf die personenbezogenen Informationen.

Die Daten werden beim Mobilfunkbetreiber Telefónica gespeichert, der auch die Technik entwickelt hat. In anderen Ländern sind solche Versicherungsmodelle schon länger üblich und der Weltkonzern Telefónica übermittelt der deutschen Versicherung lediglich Allgemeines wie die Anzahl der gefahrenen Kilometer und die errechneten Punktwerte. Nur der Fahrer selbst könne am Computer oder auf seinem Smartphone genau auf einem Satellitenbild verfolgen, wann, wo und wie er gefahren ist.


Überwachungstarif für Kinder? Oder für den Ehepartner?

Aber dürfen beispielsweise Eltern auf diese Weise die Wege ihrer Kinder ausspionieren? Und wie werden die Daten überhaupt verschlüsselt - hat wirklich niemand sonst Zugriff darauf? "Bei den Verbindungs- und Speicherdaten muss ein angemessenes Maß an Datensicherheit gewährleistet werden", fordert Kranig. Es müsse noch eine Menge geklärt werden. Grundsätzlich sei aber nichts dagegen einzuwenden, wenn ein Versicherungsnehmer seine Daten weitergibt, um als Gegenleistung einen Rabatt zu bekommen. "Daten sind die Währung des 21. Jahrhunderts." Wenn klar abgemacht wird, wie mit den Daten umgegangen wird, wie lange sie gespeichert werden und dass Dritte nicht betroffen sind, habe seine Behörde keine Einwände.

Dass es den Tarif bereits gibt, ist kein Problem. "Es gibt keine Verpflichtung zu einer vorherigen Freigabe, sondern im Zweifel im Nachhinein einen Bescheid." Und zumindest einen Vorteil haben die 1000 Kunden mit Überwachungsverträgen eindeutig: Wird ihr Auto geklaut, lässt es sich schnell orten.