Die Fundamentalisten gibt es auf beiden Seiten. Bei den Anhängern der Inklusion sind das diejenigen, die meinen, mit der Inklusionspädagogik würden Förder- und Sonderschulen überflüssig. Letztlich gebe es dann nur noch eine Regelschule, und die für alle. Oder diejenigen, denen Inklusion ein Dorn im Auge ist. Weil sie statt dessen Vorteile darin sehen, homogene Lerngruppen zu bilden, die zu besseren schulischen Ergebnissen führen. Wer hat Recht? Wohl keiner. Letzteren, den Anhängern homogener Lerngruppen, bleibt der Selektionsvorwurf nicht erspart. Wer nicht ins Schema passt, nicht den gesellschaftlich vorgegebenen normalen Kriterien entspricht, wird aussortiert.Und die Inklusionsfanatiker? Da ist ebenfalls Vorsicht geboten. Es gibt ganz einfach Grade an Behinderung, die ein Miteinander mit Schülern einer herkömmlichen Regelklasse nicht möglich machen. Dann etwa, wenn die körperliche oder geistige Behinderung zu ausgeprägt ist. Derlei muss in jedem Einzelfall, von dafür befähigten Päda gogen entschieden werden. Kein Mensch behauptet, dass die Inklusion der einfachste Weg ist. Im Gegenteil, viele Pädagogen haben da die Aufgabe, "eine Wandergruppe mit Spitzensportlern und Behinderten bei Nebel durch unwegsames Gelände in nordsüdlicher Richtung zu führen, und zwar so, dass alle bei bester Laune und möglichst gleichzeitig an drei verschiedenen Zielorten ankommen." So ein Arbeitsmediziner schon im Jahr 1988. Das ist nicht einfach. Aber die Anstrengung lohnt. Nicht zuletzt deshalb, weil Inklusion nicht nur eine schulische, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung darstellt.