Thüringen oder Bayern? Diese Frage wurde schon einmal beantwortet. Im Jahr 1919. Damals sprach sich die Bevölkerung des kurzfristig Freistaat gewordenen Herzogtums Sachsen-Coburg mit großer Mehrheit für einen Anschluss an den Freistaat Bayern aus. Was damals möglich war, kann auch heute funktionieren - theoretisch. Erklärt auf Nachfrage der Sprecher im bayerischen Innenministerium, Rainer Hutka. Den verfassungsrechtlichen Aufhänger dazu bildet Artikel 29, Absatz 8 des Grundgesetzes. Hier heißt es: "Die Länder können eine Neugliederung für das jeweils von ihnen umfasste Gebiet oder für Teilgebiete...durch Staatsvertrag regeln. Die betroffenen Gemeinden und Kreise sind zu hören. Der Staatsvertrag bedarf der Bestätigung durch Volksentscheid in jedem beteiligten Land." Das heißt, betroffene Länder müssen einen Staatsvertrag schließen, abzusegnen auch noch vom Bundestag. Außerdem müssten die betroffenen Bewohner dem Wechsel in einem Volksentscheid zustimmen. Viel Aufwand also, den zu betreiben gut überlegt sein will. Attraktive Fördergelder Kommunalpolitiker nehmen die Drohung mit einem Wechsel des Bundeslandes dennoch gern einmal in den Mund. Im Jahr 2006 zum Beispiel die oberfränkischen Gemeinden Wallenfels, Steinwiesen, und Nordhalben. Angesichts permanent klammer Gemeindefinanzen und einer deutlich attraktiveren Förderkulisse im benachbarten Thüringen dachte man schon mal laut über einen Wechsel des Bundeslandes nach. Dabei blieb es. Die drei Gemeinden sind heute noch bayrisch. Im baden-württembergischen Dertingen ärgerte man sich im letzten Jahr über den Nichtausbau der Autobahn 3 auf württembergischen Gebiet, während die Bayern zügig mit dem sechsspurigen Ausbau vorankamen. Grund genug für Ortsvorsteher Egon Beuschlein(CDU) mit dem Auszug der Ortschaft nach Bayern zu drohen. Eine Provokation, die Erfolg hatte. Inzwischen haben die Dertinger immerhin die mündliche Zusage, dass die A3 auch auf Württemberger Seite sechsspurig ausgebaut wird. Keine Überlegungen für Landkreisreform Bleiben die südthüringer Landkreise Hildburghausen und Sonneberg. Mit ihren 65.000 beziehungsweise 59.000 Einwohnern selbst kleiner als Bayerns kleinster Landkreis Lichtenfels mit seinen 67.000 Einwohnern. Zwar gibt es auch in Bayern Überlegungen, aufgrund der demografischen Entwicklung nach der Gebietsreform der 70er Jahre eine weitere Reform in Angriff zu nehmen. Jedoch nicht im Innenministerium. "Aktuell gibt es in unserem Haus keine Überlegungen für eine Landkreisreform in Bayern," beeilt sich Pressesprecher Hutka zu versichern. Die derzeitigen Proteste gegen die geplante Thüringer Gebietsreform wecken auch in Bayern unangenehme Erinnerungen. Damals gab es zum Beispiel ein kleines fränkisches Dorf namens Ermershausen, das seine Selbstständigkeit verlor. Und sich wehrte. Und zwar erfolgreich. Die Gebietsreform und das Stichwort Ermershausen Aufstand in Franken Keine Gebietsreform ohne erhebliche Widerstände. So verhielt es sich auch bei der letzten bayerischen Gebietsreform der Jahre 1971 bis 1980. Ermershausen 1978 stemmten sich die Einwohner des kleinen unterfränkischen Dorfes Ermershausen vehement gegen eine Eingliederung in die Gemeinde Maroldsweisach. Der Widerstand spitzte sich immer weiter zu, bis schließlich zornige Dorfbewohner sogar das Rathaus verbarrikadierten. Das Dorf musste schließlich von Hundertschaften der Polizei regelrecht gestürmt werden. Das Rathaus wurde zwangsgeräumt. Das alles half nicht viel, der Widerstand der Dorfbewohner blieb. Ergebnis Seit 1994 ist Ermershausen wieder eine selbstständige Gemeinde.