Kommunaler Teufelskreis: Wenn den Kämmerern das Geld ausgeht

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Der schnelle Griff in die Kreditkasse - oft haben die Stadtkämmerer gar keine andere Alternative, wollen sie liquid bleiben. Foto: Matthias Hoch
Der schnelle Griff in die Kreditkasse - oft haben die Stadtkämmerer gar keine andere Alternative, wollen sie liquid bleiben.  Foto: Matthias Hoch

Marktredwitz und Fürth haben bayernweit die höchste Pro-Kopf-Verschuldung. Experten der Bertelsmann-Stiftung sehen darin ein deutliches Indiz für strukturelle Probleme. Außerdem bekommen manche Städte selbst in Zeiten wirtschaftlicher Hochkonjunktur keinen Haushalt mehr genehmigt. Wie zum Beispiel Hof.

Eine Kommune, die einen Kredit aufnimmt - das ist nichts ungewöhnliches. Zumindest dann nicht, wenn das Geld für Investitionen verwendet wird. Für einen Schulhausbau oder eine Brückensanierung. Viele Städte und Gemeinden genehmigen sich jedoch auch zunehmend Kassenkredite.

Nichts anderes als Überziehungsschulden also, denen kein Wert gegenübersteht. In ihrem "Kommunalen Finanzreport 2013" weist die Bertelsmann-Stiftung auf diesen Missstand hin. In Bayern machen diese Kredite zwar derzeit nur drei Prozent der kommunalen Gesamtverschuldung aus - noch. Andernorts, in Nordrhein-Westfalen oder im Saarland, sind es schon 45 bzw. 60 Prozent. Da wird es immer schwieriger, von der Rechtsaufsichtsbehörde einen Haushalt genehmigt zu bekommen. Wird es aber auch für fränkische Kommunen. Und zwar dort, wo sich Strukturprobleme trotz guter Konjunkturlage der Wirtschaft bereits jetzt abzeichnen. Zum Beispiel in der kreisfreien Stadt Hof. Seit 2010 lebt die Verwaltung der Stadt, leben die Kommunalpolitiker ohne einen genehmigten Haushalt. Weil Kämmerer Peter Fischer nicht weiß, wo er das Geld für einen ausgeglichenen Haushalt und eine Mindestzuführung vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt hernehmen soll.

Wie auch, wenn die Sozialausgaben, eine staatlich verordnete Pflichtaufgabe, um die eine Stadt nicht herumkommt, deutlich höher sind als die Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Und das jedes Jahr. Weil wirtschaftliche Schwäche neue Leistungsforderungen im Sozialbereich provoziert und die Städte zahlen müssen - ein Teufelskreis. Und für die Kommunalpolitik entsprechend frustrierend. Wenn jede Ausgabe über 50 000 Euro von der Regierung in Bayreuth genehmigt werden muss, steht die Forderung nach kommunaler Selbstverwaltung nur noch auf dem Papier.

Städte ohne genehmigte Haushalte, das gab es schon immer. Überraschende Einbrüche bei der Gewerbesteuer bescherten Würzburg vor zehn Jahren schon mal eine zweijährige haushaltslose Zeit. Doch dann war der Spuk vorüber. Anders in Hof. Hier helfen auch nicht Ausgleichszahlungen aus dem Stabilisierungsfonds des Freistaats. "Wir haben drei Millionen Euro vom Freistaat erhalten. Dafür sind wir auch dankbar," so Fischer. "Aber was sind drei Millionen angesichts unseres Schuldenstands von 127 Millionen?" fragt der Kämmerer.

Helmut Bär ist bei der Regierung von Oberfranken der für die Genehmigung der kommunalen Haushalte zuständige Sachbearbeiter. Seine Kriterien sind klar: Ist der Haushalt ausgeglichen? Sind Einnahmen und Ausgaben in ihrer Höhe plausibel? Ist die dauernde finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommune sichergestellt? Im Jahr 2012 fielen neben Hof acht weitere Kommunen durch den Raster. Der Haushalt blieb ungenehmigt. Für das laufende Jahr signalisierten die Regierungen von Mittel- und Unterfranken vorsichtig grünes Licht in Sachen Haushaltsgenehmigungen. In Oberfranken wird wohl vor allem hinter dem Hofer Haushalt wieder ein großes Fragezeichen stehen.

Nicht auszudenken, welche Entwicklung die kommunalen Finanzen beim nächsten wirtschaftlichen Abschwung nehmen. Mit dem ist genauso zu rechnen, wie mit der staatlichen Schuldenbremse. Die trifft, beginnend ab 2016, zwar nur den Bund und die Länder. Experten rechnen aber auch mit direkten Auswirkungen auf Städte und Gemeinden.

Die Gefahr sieht Bayerns Finanzminister Markus Söder derzeit nicht. Er wolle ein verlässlicher Partner der Kommunen sein sagt er. Ein Bayern der zwei Geschwindigkeiten werde es nicht geben. Und: "Wir werden weitere Verbesserungen zugunsten schwacher Kommunen schaffen."

Der Nürnberger Kämmerer Harald sieht dagegen ein durchaus großes Gefahrenpotenzial. Weil 25 Prozent seines Haushalts aus Zuweisungen von Bund und Land bestehen. Kürzungen würden sich hier fatal auswirken. Zumal die Städte keine großen Einsparpotenziale mehr haben. "Wir haben schon ein Sparpaket nach dem anderen aufgelegt", so Riedel. "Mehr geht nicht mehr." Ansonsten wäre die Leistungsfähigkeit der Verwaltung in Frage gestellt. Ein Teufelskreis also auch hier.