Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von vergangener Woche können muslimische Lehrerinnen künftig auch in Bayern unter bestimmten Umständen mit Kopftuch unterrichten. Diese Umstände sollen künftig in jedem Einzelfall genau geprüft werden. Die dabei anzulegenden Maßstäbe seien das Wohl der Kinder und der Schulfriede. So Bayerns Europaministerin Beate Merk (CSU) gestern unmittelbar nach einer Sitzung des Kabinetts in München. Zuvor hatte Bildungsminister Ludwig Spaenle seine Kabinettskollegen über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Kopftuchverbot in Nordrhein.Westfalen informiert und darauf verwiesen, dass in Bayern eine andere Regelung gelte. Im Verwaltungsvollzug habe sich die bayerische Regelung bewährt, weil sie der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bereits Rechnung trage. Die Karlsruher Richter hatten in der vergangenen Woche das Kopftuchverbot im nordrhein-westfälischen Schulgesetz gekippt, weil ein solches pauschales Verbot nicht mit der Religionsfreiheit vereinbar sei. Das Thema Kopftuch ist an Bayerns Schulen eh ein eher theoretisches Problem. Bislang sei im Freistaat kein Fall bekannt geworden, in dem eine muslimische Lehrerin ein Recht auf ihr Kopftuch eingefordert hätte, so Merk. Gleichwohl forderte der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) die Staatsregierung auf, die Entscheidung für oder gegen das Tragen des Kopftuchs den Schulen zu überlassen. Laut BLLV-Präsident Klaus Wenzel könne so der Schulfrieden am ehesten gewährleistet werden. Die Grünen forderten eine Streichung der betreffenden Passage aus dem Schulgesetz. Kommentar von Klaus Angerstein Kein Untergang des AbendlandsNein, allein das Tragen eines Kopftuchs bedeutet noch lange nicht eine Kampfansage an unsere abendländische Kultur. Geschweige denn den Untergang des Abendlands. Auch wenn einige CSU-Protagonisten nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht müde wurden, auf diese Gefahr hinzuweisen. Das Kopftuch als politisch-religiöses Symbol sei mit "unseren freiheitlich-demokratischen Überzeugungen nicht vereinbar". Sagt beispielsweise Gudrun Brendel-Fischer in ihrer Eigenschaft als stellvertretende Vorsitzende der CSU-Fraktion im Landtag. Die Karlsruher Verfassungsrichter sehen das ein wenig anders. Natürlich auch Kopftuchträgerinnen, die das Kleidungsstück beileibe nicht als Symbol für die Unterdrückung der Frau missverstanden wissen wollen. Wir müssen endlich anfangen zu lernen, dass im Einwanderungsland Deutschland gerade wegen unserer christlichen Wurzeln Platz sein muss auch für andere Glaubensrichtungen. Was auf dem Kopf getragen wird, ist unwichtig. Wichtiger ist, was in den Köpfen vorgeht. Und hier muss klar sein: Es gilt die demokratische Grundordnung - der Rechtsstaat. Nichts anderes. Kopftuch - ja. Aber für die islamische Scharia ist bei uns kein Platz.