Ministerin hat Zuversicht bei Betreuungsplätzen

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Sozialministerin Christina Haderthauer Foto: dpa
Sozialministerin Christina Haderthauer Foto: dpa

Sozialministerin Christina Haderthauer(CSU) ist zuversichtlich, dass für die Kinderbetreuung in Bayern genügend Plätze zur Verfügung gestellt werden können.

Die meisten Kommunen haben ihre Hausaufgaben in Sachen Betreuungsplätze für die Kleinsten gemacht. Besonders die Kreise und kleineren Städte, meint die zuständige Ministerin Christina Haderthauer. Und auch das benötigte pädagogische Personal soll es dann geben. Krippenplätze hält die CSU-Politikerin zwar für notwendig, aber nicht für das Maß der Dinge. Sie würde es lieber sehen, könnten die Kinder die ersten 24 Monate bei den Eltern bleiben.

Ab 2013 greift der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung der Ein- und Zweijährigen. Wie weit sind die Bayern?
Christine Haderthauer: Die bayerischen Kommunen stellen derzeit für 43 Prozent der Ein- und Zweijährigen Betreuungsplätze zur Verfügung.
Nach den Meldungen der Kommunen werden wir im September, dann greift der Rechtsanspruch, bei 52 Prozent sein.

Wie erheben die Kommunen eigentlich diesen Bedarf an Krippenplätzen?
Das liegt in ihrer eigenen Verantwortung. Wir haben den Kommunen ein Verfahren zur Bedarfserhebung vorgeschlagen und es gibt dazu auch Empfehlungen des Städte- und Gemeindetags. In der Regel werden die Eltern befragt und Anmeldungen hoch gerechnet. Oft verwenden sie eine Mischung aus verschiedenen Methoden. In ganz kleinen Gemeinden wird schlicht und einfach abgefragt.

Es braucht ja nicht nur die Betreuungsplätze, es braucht auch zusätzliches pädagogisches Personal. Wo soll das herkommen, wenn jetzt schon die Nachfrage nach Erzieherinnen größer ist als das Angebot?
Bitte nicht übersehen, dass die Träger in Bayern heute um 56 Prozent mehr Fachkräfte in der Kinderbetreuung beschäftigen als noch 2006. Derzeit sind es 37 228. Auch daran kann man die Dynamik des Ausbaus erkennen.

Wie wollen Sie aber an zusätzliches pädagogisches Personal herankommen?
Das ist ähnlich wie bei der Pflege. Letztlich reguliert das der Markt. Wir müssen langsam lernen, dass die Leistungen, die die Hausfrau früher unentgeltlich gemacht hat, eben ihren Preis haben, wenn man sie nun von außen einkauft. Die Lösung kann aber nicht eine Absenkung der Qualitätsstandards sein, um dadurch kostengünstiger zu werden. Das würde dazu führen, dass wir gerade bei den unter Dreijährigen qualitative Abstriche zulassen würden. Es gibt mehrere Stellschrauben: So sind beispielsweise seit 2008 insgesamt zehn neue Fachakademien für Sozialpädagogik entstanden. Daneben haben zahlreiche bestehende Fachakademien ihr Studienplatzangebot erweitert. Es gibt damit inzwischen 530 Studienplätze mehr. Dies wird sich schon 2014 positiv auswirken. Wir haben zudem den Quereinstieg für Externe erleichtert und wir haben ein Programm aufgelegt, in dem man sich über einen Zeitraum von neun Monaten zur Fachkraft in der Kita weiterbilden lassen kann.

Diese Fortbildung kann aber doch nicht jeder absolvieren, oder? Braucht es da nicht bestimmte Voraussetzungen?
Die Bewerber sollten grundsätzlich aus pädagogischen Berufen kommen. Voraussetzung ist in jedem Fall ein Berufsabschluss und eine entsprechende Eignung.

Könnte sich dann theoretisch etwa eine 25-jährige Kfz-Mechanikerin auch umorientieren?
Eine solche Kandidatin müsste ihre Eignung zum Beispiel durch einige Praktika ergänzen.

Mit dieser Fortbildungsmaßnahme können Sie bis September rund 1000 Fachkräfte gewinnen. Reicht das?
Das wird sich zeigen. Sie müssen dann ja vor allem auch am richtigen Ort zur Verfügung stehen. Wichtig ist: Die Träger müssen von einem bisher sehr an ihren Interessen orientierten Anstellungsverhalten dazu übergehen, den Fachkräften attraktivere Verträge anzubieten. Wir wissen aus vielen Erhebungen, dass über die Hälfte der Teilzeitkräfte gerne mehr Stunden arbeiten würde, aber ganz bewusst nur Teilzeit eingesetzt werden. Ganz einfach deshalb, weil der Träger mit fünf Teilzeitkräften wesentlich flexibler arbeiten kann als mit zwei oder drei Vollzeitkräften. Das ist eine Ressourcenverschwendung. Die bundesweit komfortabelste Förderung durch den Freistaat versetzt die Träger durchaus in die Lage, eine vernünftige Personalplanung zu machen.

Es soll ältere Erzieherinnen geben, die wieder arbeiten wollen, aber keine Anstellung finden, weil sie dem Arbeitgeber zu teuer sind.
Das ist so. Und gleichzeitig geht man in die Öffentlichkeit und jammert über Fachkräftemangel. Dahinter steckt auch eine Strategie, um Kosten zu senken. Der Erzieherinnenmangel wird dann als Argument für eine Forderung nach verkürzten Ausbildungszeiten hergenommen. Aber gerade die Ein- und Zweijährigen brauchen erfahrene und gut ausgebildete Kräfte.

Sind sie zuversichtlich, dass der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Ein- und Zweijährige im September erfüllt werden kann?
Da bin ich sehr zuversichtlich. Wegen der Hysterie in der derzeitigen Diskussion muss man hinschauen, was Fakten sind und was Stimmungsmache ist. Ich bin viel in Bayern unterwegs und weiß daher, dass man die Mangelsituationen in München und Nürnberg nicht auf Bayern allgemein übertragen darf. Bis auf diese zwei Großstädte, die den Bedarf, den sie schaffen müssen, von Anfang an unterschätzt haben, obwohl die Fördermittel dafür seit fünf Jahren unbegrenzt bereitstehen, haben ansonsten die allermeisten bayerischen Bürgermeister die guten Förderkonditionen genutzt und eine wirklich gute Kinderbetreuung aufgebaut. Dazu gehören übrigens auch Tagesmütter-Netze.

Ist für Sie ein Krippenplatz für Ein-und Zweijährige eigentlich das Maß der Dinge und die Betreuung durch die Mutter nur die zweitbeste Lösung?
Kita-Plätze für Ein-und Zweijährige dienen weniger dem Kindeswohl als den Erwerbszwängen und Wünschen der Eltern und Alleinerziehenden angesichts der heutigen Rahmenbedingungen. Wir machen derzeit den Fehler, das Kindeswohl ökonomischen und ideellen Zwängen der Erwerbsnotwendigkeit unterzuordnen. Die wichtigste und sensibelste Zeit in der kindlichen Entwicklung sind die ersten drei Jahre. In dieser Zeit sollte kein Druck - weder ideell noch aus der Arbeitswelt heraus, noch finanziell - auf junge Eltern ausgeübt werden, der sie zu bestimmten Betreuungsentscheidungen drängt, bei denen sie vielleicht kein gutes Gefühl haben oder zu denen das Kind noch nicht reif ist.
Mein Ziel ist eine Gesellschaft, die es sich gönnt, zumindest die ersten 24 Monate allein das Kindeswohl in den Blick zu nehmen. Dazu brauchen wir einen finanziellen und ideellen Schonraum, der echte Entscheidungsfreiheit zulässt mit entsprechend ausgebautem Elterngeld und Akzeptanz für mehr Väterauszeiten.

Das Gespräch führte
Klaus Angerstein