Die simplen Feindbilder, mit denen Pegida gar nicht erst versucht, den Menschen die Welt zu erklären, bedienen die gleichen Mechanismen, mit denen radikale Islamisten junge Männer zu lebenden Bomben machen, und deshalb sind sie brandgefährlich. Zuwanderung, Islam und Islamismus in einen Topf zu werfen und hinter jedem Bart und unter jedem Kopftuch einen Terroristen zu vermuten nährt Ängste, die in unserer scheinbar doch nicht ganz so aufgeklärten und weltoffenen Gesellschaft reichlich vorhanden sind. Gleichzeitig nutzen solche Simplifizierungen Bildungslücken, die den Gedanken an ein Generalversagen nahelegen, und auch da dürfen die gesellschaftlich Verantwortlichen durchaus Selbstkritik betreiben. Nicht erst seit dem Satz des damaligen Bundespräsidenten Wulff ist es geboten, sich mehr als bisher mit dem Islam und der islamischen Welt zu beschäftigen. Wie soll man integrieren, was man nicht kennt? Keinesfalls darf man dieses Feld den Vordenkern von Pegida und Co. überlassen. Radikale Ansichten poltern nicht mehr nur am rechten Rand der Gesellschaft. Sie sind auf dem Weg Richtung Mitte.Der Kampf gegen eine angebliche "Islamisierung" ist nur ein Vehikel. Was ist das auch für ein christliches Abendland, das da verteidigt werden soll? Hier konnte man noch vor wenigen Jahren von einem Katholiken in die Luft gesprengt werden, weil man evangelisch war oder auch umgekehrt. Nein; Pegida will einen Wertewandel.Glauben heißt nichts wissen, ist ein geflügeltes Wort, und sein tieferer Sinn beweist sich jetzt just am Phänomen Pegida. Dass die Verteidigung christlicher Werte im säkularisierten Osten der Bundesrepublik eine Massenbewegung in Gang setzt, gibt zu denken; offenbar schlummert dort ein Potenzial, das niemand wahrgenommen hat; und zwar keineswegs nur ein Protestpotenzial. Vielleicht ist die Sehnsucht nach einer Werte-Gesellschaft doch größer, als Politik und Kirchen bisher für möglich gehalten haben. Und vielleicht hat man den Menschen zu wenig Werte nahe gebracht. Diese Hülle versuchen bürgerlich-seriöse Erzkonservative wie Felix Menzel zu füllen.Das ist Angst einflößend. Angst haben die Menschen, die kommen, um unter dem Dach der christlichen Nächstenliebe Schutz zu suchen. Angst muss auch eine Gesellschaft haben, in der Feindbilder (wieder) einen Platz haben. Deutschland braucht Pegida nicht. Einen Denkanstoß hat dieses Land aber sehr wohl gebraucht. Integration ist das Gebot der Stunde. Integration heißt nicht, dass sich alle immer nur lieb haben müssen, und Integration zielt keineswegs nur auf Zuwanderer. Auch die Menschen, die für Pegida demonstrieren, weil sie sich nicht mehr wahrgenommen fühlen, müssen (wieder) integriert werden. Sie gehören auch zu diesem Land. Mobilisieren lassen sie sich offenkundig!