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Dürfen Protestanten die Kommunion empfangen? Marx contra Schick - Vatikan soll helfen


Autor: Klaus Angerstein

Bamberg, Donnerstag, 05. April 2018

In der katholischen Kirche ist ein offener Streit um die Frage des Kommunionempfangs ausgebrochen. Dürfen Protestanten daran teilnehmen?
Kardinal Marx (rechts) will ihn, Erzbischof Schick nicht - den Kommunionempfang in Einzelfällen  auch für  evangelische Christen  . Matthias Hoch


Über die Frage des Kommunionempfangs für protestantische Christen in Einzelfällen ist in der deutschen Bischofskonferenz ein offener Streit ausgebrochen. Sieben Bischöfe, unter ihnen der Kölner Kardinal Rainer Maria Wölki und der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick haben sich deshalb mit der Bitte um Hilfe an den Vatikan gewandt.

Zur Vorgeschichte: Vor wenigen Wochen rang sich die Deutsche Bischofskonferenz auf ihrer Frühjahrstagung in Ingolstadt bei der Frage der Zulassung evangelischer Christen in Einzelfällen zur katholischen Kommunion zu einer Minimallösung durch.


Streitpunkt zwischen Katholiken und Protestanten

Demnach sollten Ehepaare unterschiedlicher Konfessionen im Einzelfall künftig gemeinsam an katholischen Eucharistiefeiern teilnehmen dürfen und damit auch gemeinsam die Kommunion empfangen. Für diese Lösung hatten sich letztlich zwei Drittel der Bischöfe ausgesprochen. Die Diskussion über ein gemeinsames Abendmahl von Katholiken und Protestanten ist seit Jahrzehnten ein Streitpunkt zwischen den beiden großen Kirchen.

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Der jetzt eingeleitete kleine Versuch einer allmählichen Öffnung des Abendmahls auch für evangelische Christen stieß allerdings bei einigen Bischöfen auf Widerstand.


Schreiben an den Vatikan

In ihrem Schreiben vom 22. März an den Präsidenten des Rates für die Einheit der Christen bittet die Gruppe von sieben Bischöfen, unter ihnen neben Woelki und Schick die Bischöfe Konrad Zdarsa (Augsburg), Gregor Maris Hanke (Eichstätt), Rudolf Voderholzer (Regensburg), Stefan Oster (Passau) und Wolfgang Ipolt (Görlitz) um Klarstellung, ob die Frage des Kommunionempfangs konfessionsverschiedener Ehepartner im Rahmen einer nationalen Bischofskonferenz entschieden werden kann, oder ob eine Entscheidung der Universalkirche notwendig ist. Die Bischöfe führen in einer Stellungnahme weiter aus, "das Ziel in einer so zentralen Frage des Glaubens und der Einheit der Kirche muss es aus Sicht der Unterzeichner sein, nationale Sonderwege zu vermeiden und in einem ökumenischen Gespräch zu einer weltweit einheitlichen und tragfähigen Lösung zu kommen."


Kardinal Marx kritisiert Vorgehen

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, wurde erst am 28. März über den Brief seiner Mitbrüder informiert. Er kritisiert in einem Schreiben an alle Mitglieder der Bischofskonferenz dieses Vorgehen, nachdem es in der Vollversammlung der Bischöfe nach "ausführlicher und auch kontroverser Aussprache" zu einem Beschluss gekommen sei, der mit "weit überwiegender Mehrheit" der Mitglieder gefasst worden sei.

Marx weist in seinem Schreiben weiter darauf, dass es sich zudem um einen Entwurfstext gehandelt habe, der noch Veränderungen und Überarbeitungen zugelassen habe. Im übrigen verweist Marx in klarer Ablehnung der Argumentation seiner sieben Mitbrüder darauf hin, "dass es selbstverständlich einer nationalen Bischofskonferenz möglich ist, Kriterien zu formulieren, die die Kommunionspendung an nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche befindlichen Christen erlauben." Und: Die Vollversammlung habe ihre Entscheidung vor dem Hintergrund theologischer und ökumenischer Bezugstexte und kirchenrechtlicher Regelungsmöglichkeiten getroffen. Er sehe deshalb die Rückbindung mit der Universalkirche als klar gegeben an.

Anders die sieben bischöflichen Briefeschreiber. Sie meinen, die Bischofskonferenz habe ihre Kompetenzen überschritten und gegen die katholische Glaubenslehre und die Einheit der Kirche verstoßen.


Problem "vor Ort längst gelöst?"

Der Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, kritisierte in einer ersten Stellungnahme das Rom-Schreiben der Bischöfe.
"Mich wundert dieses Verhalten, das mir ziemlich unsolidarisch erscheint", schreibt er im Netzwerk Twitter.

Und weiter: "Kennen wir nicht alle evangelische Ehepartner, die das bejahen, was wir katholisch in der Eucharistiefeier bekennen? Ist das Problem nicht pastoral vor Ort längst gelöst?"


Kommentar von Klaus Angerstein:Unglaublich

Der Laie muss staunen, was sich da die Dogmatiker, die vorgeblichen Verfechter des wahren Glaubens und Verteidiger des reinen Katholizismus auf höchster Ebene für theologische Scheingefechte liefern. Scheingefechte deshalb, weil die Diskussion darüber, ob evangelische und katholische Christen gemeinsam die Kommunion empfangen dürfen, in unserem Land außer einige eifernde Theologen kaum mehr jemanden interessiert. Wann kommen unsere Kirchenvertreter endlich in der Wirklichkeit an? Und erkennen, dass sich 80 Prozent der Menschen in unserem Land nur noch auf dem Papier zu ihrem Christentum bekennen. Der verbleibende Rest verliert sich zu sonntäglichen Gottesdiensten in längst überdimensionierten Kathedralen, während die Moscheen hierzulande beim Freitagsgebet aus allen Nähten zu platzen drohen. Wo ist es denn das Christentum, das angeblich zu uns gehört? In unseren Kirchen etwa? Die sind leer. Und schlimmer noch: Die Hälfte der Christen in unserem Land glaubt nicht mehr daran, dass Jesus nach dem Tod auferstanden ist. Da wird der Kern der uns angeblich so prägenden christlichen Leitkultur in Frage gestellt. Wer ist denn noch in der Lage das apostolische Glaubensbekenntnis aufzusagen? Nicht einmal zu den christlichen Hochfesten Weihnachten und Ostern sind die Kirchen hierzulande mehr gefüllt. Statt dessen schwelgt die Menschheit in Konsumräuschen und weiß nicht mehr warum. Und da streiten sich unsere Herren Bischöfe doch tatsächlich noch darüber, ob die paar verbleibenden aktiven Christen beider Kirchen nun gemeinsam zur Kommunion gehen dürfen oder nicht. Unglaublich.