Druckartikel: Schweinezüchter in Not

Schweinezüchter in Not


Autor: Klaus Angerstein

Bamberg, Donnerstag, 17. Januar 2013

Teure Technik, gestiegener Konkurrenzdruck, verschärfte Auflagen: Schweine zu züchten wird immer unrentabler. Auch Fred Einwich aus Kemmeldorf kämpft mit dem Kostendruck - und doch kann er sich keinen schöneren Beruf vorstellen. Ein Ortstermin.
Fotos: Ronald Rinklef


Es ist ein Ortstermin der besonderen Art - bei Fred Einwich in Kremmeldorf. Wir dürfen uns einmal in seinem Schweinestall umschauen. Auf einem Aussiedlerhof, dem Stammberghof in Kremmeldorf, einem Ortsteil von Memmelsdorf im Landkreis Bamberg.

Dort hält der fränkische Landwirt 80 Muttersauen mit 400 Schweinemastplätzen. Massentierhaltung? Beileibe nicht. Das erkennt schnell, wer sich einmal im Stall umschaut. Zuvor gilt es allerdings eine Hygieneschleuse zu passieren. Der Mensch als Keimträger könnte Krankheiten einschleppen. Also alles komplett ausziehen, es gibt Betriebskleidung.

Sicherheitsvorkehrungen wie im Atomkraftwerk
Sicherheitsvorkehrungen, die an einen Besuch im Atomkraftwerk Grafenrheinfeld erinnern. Auch da konnten wir nur noch Komplettumzug während der Revision ins Reaktorinnere. Aus Sicherheitsgründen. Bei Fred Einwich geht es um Hygiene.

Eine Krankheit im Stall könnte teuere Folgen haben. Der 51-Jährige bewirtschaftet einen Betrieb, der sich noch rechnet.

Nach Meinung von Dieter Heberlein vom Bayerischen Bauernverband wird für die kleineren Schweinefleischerzeuger, das Überleben eher schwierig. Nicht zuletzt wegen der vielen Auflagen des Gesetzgebers. So ist zum Beispiel ab 1. Januar diesen Jahres Gruppenhaltung von Sauen nicht mehr möglich. Kleinere Ferkelerzeuger müssten deshalb entweder ihren Stall erweitern, oder die Zahl der Schweine reduzieren. Beides wäre in vielen Fällen gleichermaßen unwirtschaftlich.



Fred Einwich hat genug Platz in seinem Stall. Er betreibt ein geschlossenes System, da heißt sowohl Ferkelproduktion als auch Schweinemast. Keine Ferkel einkaufen zu müssen, ist für ihn nicht nicht zuletzt ein wirtschaftlicher Vorteil.

Der studierte Agraringenieur bewirtschaftet insgesamt eine Ackerfläche von 150 Hektar. Baut Weizen, Gerste und Raps an. Knapp die Hälfte des Weizens verkauft er an Mühlen, den Rest braucht er für Schweinefutter. Der Getreideverkauf ist eine gute Einnahmequelle, Insbesondere dann, wenn der Preis für Schweinefleisch mal wieder in den Keller sackt.

Was öfter passiert, als Einwich lieb ist. 1999, zum Beispiel, oder 2001 oder 2008. BSE- und Dioxinskandal ließen die Preise purzeln. Da die Produktionskosten gleich blieben, sich eher erhöhten, stellt sich oft die Existenzfrage. "Das geht ganz schnell und man arbeitet mal ein ganzes Jahr umsonst."

Futter mischt ein Computer zusammen
Aber: Etwas anderes als Schweinezucht und Schweinemast kann sich Fred Einwich nun mal nicht vorstellen. Früh um sieben Uhr steht er regelmäßig im Stall, um seine Tiere zu versorgen. Danach muss die Technik überprüft werden. Vieles läuft bei Einwich zwar automatisch ab, via Computer. Der mischt sogar das Futter zusammen und sorgt dafür, dass die Futterrationen über ein Rohrsystem in die einzelnen Stallkammern befördert werden.

Aber allein die Dokumentation beschäftigt den Landwirt jede Woche einen Tag lang. Lückenlos wird die Zahl der Tiere festgehalten oder die Art des Futters. Welcher Metzger welche Tiere erhält, alles ist genau nachvollziehbar. Das reicht bis zum Reinigungsprotokoll und dem Vermerk, welches Reinigungsmittel benutzt wurde. Diese Transparenz wird gesetzlich eingefordert, für den Verbraucher ist das ein Qualitätskriterium.

Jeweils montags in der Früh transportiert Fred Einwich seine schlachtreifen Tiere - sie haben dann ein Gewicht von 120 bis 13o Kilogramm - selbst zum Schlachthof nach Bamberg. Der eigens dafür angeschaffte Vieh-Transporter rechnet sich schnell. Abnehmer sind durchweg Metzger aus der Region, die ihren Kunden heimische Qualitätsprodukte bieten wollen.

Kleine Betriebe sind unwirtschaftlich
Um das gewährleisten zu können, reicht die Betriebsgröße des Kremmeldorfer Landwirts gerade noch aus. Kleiner geht nicht, weil es dann unwirtschaftlich wird, wie der Vertreter des Bauernverbands anfügt. So wird im Stammberghof das Mineralfutter per Lkw palettenweise angeliefert. Je größer die Menge, desto niedriger der Preis. Da könne der Landwirt, der Gleiches gerade mal sackweise einkauft, nicht mehr mithalten.Es braucht eine Mindestgröße und es braucht beständig Investitionen. Dann könne man auf dem Markt mithalten, erklärt Dieter Heberlein.

Und die Konkurrenz ist groß für die fränkischen Schweinehalter. 1000 Zuchtsauen seien in Großbetrieben in Norddeutschland und in den europäischen Nachbarländern keine Seltenheit. Da kämen selbst die größeren fränkischen Ferkelerzeugerbetriebe mit 100 bis 150 Zuchtsauenplätzen nicht mehr mit. Und schon gar nicht der Kremmeldorfer Landwirt Fred Einwich.

Obwohl der gegenüber seinem Vater, der hatte einst 150 Mastschweineplätze auf Stroh, deutlich - aber jetzt strohlos - aufstocken konnte. Ob einer seiner Söhne, der derzeit in Triesdorf Landwirtschaft studiert, die Tradition der Familie fortführen kann? Das gehe nur, wenn weiter investiert, rationalisiert und vergrößert würde. Möglich sei das durchaus, so Fred Einwich. Die Entscheidung müsse letztlich sein Sohn treffen. Aber erst, wenn er mit dem Studium fertig ist.