Psychisch krank und in der Endlosschleife?

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Wer wegen einer psychischen Erkrankung aus dem Beruf rotiert ist, braucht individuelle Hilfe beim Wiedereinstieg. Foto: Britta Pedersen, dpa/Archiv
Wer wegen einer psychischen Erkrankung aus dem Beruf rotiert ist, braucht individuelle Hilfe beim Wiedereinstieg. Foto: Britta Pedersen, dpa/Archiv
Peter Müller
Peter Müller
 
Sonja Schaffranek
Sonja Schaffranek
 

Zum Thema "Psychische Gesundheit und Arbeit" bekamen Betroffene bei einer Telefonaktion dieser Zeitung Tipps von zwei Experten.

Es mag stereotyp klingen, entspricht aber der Wahrheit: In unserer zunehmend digitalisierten Welt steigen die Anforderungen an die Menschen in einem Maß, mit dem viele nicht mehr zurechtkommen. Überlastung, Depressionen und chronische Erschöpfung nehmen zu. Deshalb möchte das bayerische Gesundheitsministerium mit dem Jahres-Schwerpunkt "Psychische Gesundheit" den Fokus auf ein Thema lenken, dass in der Bevölkerung noch nicht ausreichend im Bewusstsein ist.

Auch diese Zeitung beteiligte sich an den Aktionswochen: Mit einer Telefonakion zum Thema "Psychische Gesundheit und Arbeit". Am Donnerstag, 19. Januar, gab es dazu Infos von zwei Experten, die zwei Stunden lang gefragte Ansprechpartner waren. Die Anrufe waren kostenlos und wurden auf Wunsch anonym behandelt. Als Experten standen Sonja Schaffranek (Sozialpädagogin und Fallmanagerin im Jobcenter Stadt Bamberg) und Peter Müller (Sozialpädagoge in der Psycho-Sozialen Beratung am Gesundheitsamt Bamberg) zur Verfügung.

"Wer wegen einer psychischen Erkrankung aus dem Berufsleben rotiert oder deshalb in jungen Jahren gar nicht erst eine Ausbildung beginnen kann, kommt nicht selten in eine Endlosschleife mit Problemen": Das wissen Schaffranek und Müller aus ihrer täglichen Beratung. Und genau das bekamen sie als Experten bei unserer Telefonaktion bestätigt. "Es waren sehr intensive Gespräche", sagen Schaffranek und Müller. "Viele Betroffene sind verzweifelt."

In der Praxis ähnelt sich die Arbeit der beiden Experten: Die Fallmanager und Arbeitsvermittler in den Jobcentern wollen für Arbeitslose, die Grundsicherungsleistungen erhalten, persönliche Ansprechpartner sein, um einen beruflichen Einstieg zu finden und vorzubereiten. Auch in der psycho-sozialen Beratung im Gesundheitsamt kümmert man sich um die Vermittlung bei Hilfebedarf im sozialen System für Menschen mit psychischen Erkrankungen. In Beratungsgesprächen würden individuelle Integrationsziele erarbeitet und Schritte zur Heranführung an den Arbeits- oder Ausbildungsmarkt entsprechend der Leistungsfähigkeit vereinbart. Dazu sei auch häufig eine Einbeziehung von externen Netzwerkpartnern und Vertrauenspersonen nötig.

Bei psychisch belasteten Menschen könne außerdem eine Beteiligung des Berufspsychologischen Service oder des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit bei der Abklärung der Leistungsfähigkeit und der Feststellung der Erwerbsfähigkeit notwendig sein. Auch eine Kooperation mit den Beratern für die berufliche Rehabilitation der Agentur für Arbeit werde bei Bedarf begleitet.


Individuelle Integration

Vor allem Langzeitarbeitslosigkeit könne, wie andere Einflüsse oder auch eine Belastung am Arbeitsplatz, auf die psychische Gesundheit von Menschen jeden Alters einwirken. "Gerade dann ist der Weg zurück in Arbeit eine vielfältige Herausforderung und braucht eine gute vertrauensvolle Beziehung zwischen dem Arbeitssuchenden und seinen Sachbearbeitern", sagen die Experten. "Nachhaltige Beschäftigungsaufnahmen entstehen vor allem dann, wenn die Partner sich gemeinsam und individuell um die Integration der Betroffenen bemühen."

Im Folgenden fassen wir die wichtigsten Fragen und Antworten unserer Telefonaktion zusammen.

Ich habe eine Schwerbehinderung mit Grad der Behinderung (GdB) 50 und habe trotzdem - oder deswegen - meine Arbeitsstelle verloren. Wie komme ich wieder zu der Stelle, die ich hatte?
Zurück in Ihre alte Stelle könnten Sie nur über den arbeitsrechtlichen Weg mit Unterstützung des regional zuständigen Behindertenbeauftragten. Diesen Ansprechpartner finden Sie bei Ihrer Gemeinde oder im Landratsamt. Ein guter Ansprechpartner ist auch der Sozialverband VdK oder, falls Sie dort Mitglied sind, die jeweilige Gewerkschaft.

Unser Kind ist 22 Jahre alt und behindert. Wir als Eltern kümmern uns täglich darum, dass unsere Tochter zur Arbeit geht und ihren Alltag organisiert. Jetzt bräuchten wir selbst Unterstützung. Wohin können wir uns wenden?
Es gibt in den meisten Kommunen Angebote wie ambulant betreutes Wohnen. Sie können sich auch an psychosoziale Beratungsstellen wenden oder an Einrichtungen der offenen Behindertenarbeit, die sich um die Freizeitgestaltung kümmern.

Ich beziehe wegen einer psychischen Erkrankung befristete Erwerbsunfähigkeitsrente und versuche, über ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis einen Wiedereinstieg in den Beruf zu finden. Darf ich einen Zuverdienst haben?
Das müssten Sie mit Ihrem Rentenversicherungsträger abklären. Wenn von dieser Seite aus nichts dagegen spricht, wird eine Beschäftigung Ihrer Rückkehr in den Arbeitsprozess förderlich sein.

Mein Sohn hat seinen Schulabschluss nach mehreren Anläufen nicht geschafft und ist schon 24 Jahre alt. Welche Möglichkeiten hat er jetzt noch?
Unserer Erfahrung nach fühlen sich manche Kinder schon in der Schule oder auch beim Übergang von der Schule in den Beruf überfordert. Wir empfehlen Ihnen, mit Ihrem Sohn gemeinsam die Beratungsangebote der Agentur für Arbeit wahrzunehmen. Dort kann man zum Beispiel einen Berufswahltest machen, der Ihrem Sohn Orientierung geben kann. Über www.arbeitsagentur.de kann man sich über Kursangebote und Ausbildungsstellen informieren. Oft gibt es sogar Fördermöglichkeiten, um in einen Beruf zu kommen. Auch regionale, berufliche Bildungsträger bieten unabhängige Beratungsmöglichkeiten für Kinder und Eltern an.

Ich bin fest angestellt und seit drei Monaten wegen einer Depression krankgeschrieben. Wo kann ich Unterstützung erhalten?
Zum Beispiel beim sozialpsychiatrischen Dienst, den es bei allen Gesundheitsämtern gibt. Dort nennt man Ihnen konkrete Hilfsangebote in der Umgebung.


Programm bis April

Programm Passend zum Jahresthema 2016/2017 "Psychische Gesundheit" des Bayerischen Gesundheitsministerium haben die "Gesundheitsregion plus" und der Fachbereich Gesundheitswesen am Landratsamt Bamberg mit einer Vielzahl von Kooperationspartnern ein buntes Programm erstellt. Angesprochen werden Betroffene und Angehörige ebenso wie Interessenten für dieses Thema und Mitarbeiter von medizinischen Einrichtungen.

Übersicht Die Bandbreite des Programms zum Jahresthema "Psychische Gesundheit" reicht von Vorträgen und Workshops bis hin zu Ausstellungen und Filmabenden. Dabei gibt es Angebote für Kinder, Erwachsene und Jugendliche. Eine Übersicht über die Termine ist - auch zum Herunterladen - im Internet unter http://bamberg.gesundheitsregion-plus.de/veranstaltungen/jahresschwerpunktthema-20162017 zu finden.

Beratung In den meisten fränkischen Regionen gibt es einen so genannten "psychosozialen Beratungsführer". In Bamberg zum Beispiel liegt er als Flyer vor oder kann im Internet unter www.psbf-bamberg.de eingesehen werden. In anderen Landkreisen gibt es Informationen über die örtlichen Gesundheitsämter. Sie halten die Kontaktdaten zu allen Beratungs- und Therapiestellen vor, die sich mit psychischen Erkrankungen befassen.