Für Jupp Schröder ist der Fall klar: "Nicht brav den Teller leeressen, wenn es bitter schmeckt", sagt der Experte aus Lichtenfels. Leser dieser Zeitung kennen ihn von seiner Kolumne, in der er jeden Dienstag Tipps zu Garten- und Gemüsebau gibt. Zusätzlich schreibt er Beiträge für die Internet- und Facebook-Seite dieser Zeitung, wo er gestern Morgen sofort auf die Meldung von giftige Zucchini reagierte. Seine Einschätzung deckt sich mit der des Landesamts für Gesundheit (LGL) in Erlangen: Wahrscheinlich ist die Hitze schuld daran, wenn Gemüse tödlich wird. Behörden und die Öffentlichkeit wurden am Donnerstag aufgeschreckt, als der Tod eines 79-Jährigen aus Ellwangen bekannt wurde. Der Mann starb an einer schweren Vergiftung durch eine Garten-Zucchini, nachdem er einen Auflauf mit dem selbst angebauten Gemüse gegessen hatte. Diese Nachricht rief das LGL auf den Plan, das umgehend eine klare Warnung veröffentlichte: "Verzichten Sie auf den Verzehr bitter schmeckender Kürbisse oder Zucchini, unabhängig davon, ob roh oder gekocht." Mehr Bitterstoffe durch die Hitze Wo liegt das Problem? Vermutlich bedingt durch die große Trockenheit der vergangenen Wochen, scheint es heuer vermehrt zur Bildung der darmschädigenden Bitterstoffe Cucurbitacine zu kommen. Je nach aufgenommener Menge können Erbrechen, Speichelfluss und Durchfall bis hin zu lebensgefährlichen Darmschäden auftreten. Das Gift kann die Schleimhaut im Magen-Darm-Bereich auflösen und wird auch durch Kochen nicht beseitigt."Wir haben in diesem Jahr gehäuft über den Giftnotruf Fälle mitgeteilt bekommen, bei denen es um Nachwirkungen von Cucurbitacinen in Zucchini ging", sagt Christian Weidner, Leiter der Lebensmitteltoxikologie am Landesamt für Gesundheit. In bayerischen Kliniken seien zum Teil schwerwiegende Vergiftungsfälle aufgetreten. Gleichwohl ist es laut Weidner das erste Mal, dass man in Bayern auf diese Problematik aufmerksam wurde. "Das bedeutet aber nicht, dass es nicht vorher schon in irgendeiner Klinik einen solchen Fall gegeben haben kann." Von einem Todesfall in Bayern wie dem des Rentners in Baden-Württemberg sei dem LGL jedoch nichts bekannt.Dass es überhaupt einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Zucchini und lebensgefährlichen Darmerkrankungen geben kann, weiß man laut Weidner aus der Literatur. Schon 1935 sei die erste Vergiftung am Menschen durch die Substanz in Kürbisgewächsen in Südafrika beobachtet worden, 1985 wurden 22 Fälle in Australien nachgewiesen. Gefährliche Rückkreuzungen Cucurbitacine sind giftige Bitterstoffe, die natürlich in den Wurzeln, Blättern, Früchten und Samen von Kürbis-, Zucchini-, Gurken- und Melonenpflanzen (den sog. Cucurbitaceaen) enthalten sind. Die Pflanzen schützen sich mit dem Toxin vor Fressfeinden. Damit Menschen das Fruchtfleisch essen können, wird die Substanz herausgezüchtet. Durch Rückkreuzung mit Zierkürbissen, die noch in hohem Maße Cucurbitacine enthalten, können Zucchini- oder Kürbissamen entstehen, aus denen wieder Pflanzen mit stark cucurbitacinhaltigen Früchten wachsen. Zu einer solchen Rückkreuzung kann es vor allem dann kommen, wenn in Hobbygärten Zierkürbisse und essbare Kürbisgewächse in unmittelbarer Nachbarschaft wachsen. "Deshalb sollten keine Samen, die von Zucchini und Kürbissen aus dem eigenen Garten gewonnen werden, für den weiteren Anbau eingesetzt werden", warnt das LGL. Saatgut solle nur im Fachmarkt erworben und auch nicht mit selbst gezogenen Samen gemischt werden. Für den Experten Jupp Schröder ist das selbstverständlich. "Ich kaufe mein Saatgut jedes Jahr neu beim Gärtner", sagt er. Bei der Aussaat handelsüblicher Samen von Zucchini und Kürbis sei mit dem Auftreten gesundheitsschädlicher Früchte in der Regel nicht zu rechnen. Jedoch habe auch er in diesem Zusammenhang schon Fehler gemacht: "Meine Kürbisse haben sich nach etwa fünf Jahren durch eigene Weitervermehrung verändert. Das hätte ich wissen müssen", sagt Schröder selbstkritisch. Er sagt aber auch: "Aus Fehlern wird man schlau." Dazu gehört für den Fachmann die Erkenntnis, "dass man nicht immer brav den Teller leeressen sollte, wenn es scheußlich bitter schmeckt".