Telefonaktion: Leser hatten viele Fragen zur Krankenkasse

5 Min
Etwa 95 Prozent aller medizinischen Leistungen müssen per Gesetz von allen Kassen übernommen werden. Foto:  Inga Kjer, dpa, Archiv
Etwa 95 Prozent aller medizinischen Leistungen müssen per Gesetz von allen Kassen übernommen werden. Foto:  Inga Kjer, dpa, Archiv
Frank Müller
Frank Müller
 
Matthias Rupsch
Matthias Rupsch
 

Bei unserer Leser-Expertenrunde bekamen privat und gesetzlich Versicherte fundierte Auskünfte.

Viele Krankenkassen haben 2016 ihre Zusatzbeiträge erhöht - im Schnitt um 0,2 Prozent. Diesen Aufschlag müssen Arbeitnehmer alleine tragen. Für Versicherte ist deshalb ein Wechsel der Krankenkasse eine überlegenswerte Option: Jährlich sind bis zu 800 Euro Ersparnis drin, wie die Stiftung Warentest vorrechnet.

Wann und wie ein Wechsel möglich ist, wo Unterschiede zwischen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung liegen und alle weiteren Fragen zum Thema beantworteten zwei Experten bei einer Telefonaktion dieser Zeitung.

Zwei Stunden lang liefen die Drähte am Redaktionstelefon heiß: Frank Müller (AOK Bamberg) gab Tipps und Infos zur gesetzlichen Krankenversicherung, Matthias Rupsch (Verband der privaten Krankenversicherung) stand für Fragen privat Versicherter zur Verfügung.


Bemessungsgrenze gestiegen

Den Experten zufolge wurden die neuen Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenkassen "recht geräuschlos eingeführt". Zum einen seien die Unterschiede der in Bayern geöffneten Kassen nicht sehr gravierend und lägen jetzt im Durchschnitt bei 15,7 Prozent. Zum anderen werde der Zusatzbeitrag mit dem regulären Kassenbeitrag automatisch eingezogen. "Abgesehen davon ist jedoch nicht der Preis ausschlaggebend. Entscheidend sind die Leistungen einer Kasse", sagen Müller und Rupsch.

Außer den Zusatzbeiträgen gab es zu Jahresbeginn Neuerungen bei den so genannten Rechengrößen in der Sozialversicherung. Auch diese Zahlen hätten ganz konkrete Auswirkungen auf die Beträge sowie auf die Wahlmöglichkeit für Arbeitnehmer zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung.
So sei zum Jahresanfang die Bemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung von 4125 Euro auf 4237,50 Euro monatlich gestiegen. Die Verdienstgrenze, ab der sich Arbeitnehmer privat versichern können, wurde von 54 900 auf 56 250 Euro brutto jährlich angehoben. Auch der Mindest- und der Höchstbeitrag für freiwillig gesetzlich versicherte Selbstständige ist gestiegen.

Abgesehen von solchen Änderungen bleibt das Thema Krankenversicherung kompliziert - zumal sich im Laufe des Lebens nicht nur die Gesetze, sondern auch der individuelle Versicherungsstatus ändern kann. Wie hoch der Informationsbedarf ist, zeigte die große Resonanz auf unsere Telefonaktion.

Im Folgenden eine Zusammenfassung der wichtigsten Fragen unserer Leser und der Antworten von Frank Müller und Mattthias Rupsch.

Ab wann kann ich mich als Angestellter privat krankenversichern?
Das ist eine Frage des Bruttogehaltes und der so genannten Versicherungspflichtgrenze: Liegt es über der Grenze von 56 250 Euro in diesem Jahr, können Sie sich im nächsten Jahr privat krankenversichern. Voraussetzung ist, dass Ihr Gehalt auch 2017 über der dann gültigen Pflichtgrenze liegt. Die wird jedes Jahr vom Gesetzgeber neu festgelegt.

Ich bin Selbstständiger und gehe demnächst in Rente. Bekomme ich dann einen Zuschuss des Rentenversicherers zu meiner privaten Krankenversicherung? Wenn ja, wie hoch fällt der aus?
Sie bekommen einen Zuschuss in Höhe von 7,3 Prozent der gesetzlichen Rente. Den Zuschuss müssen Sie bei der Rentenversicherung beantragen.

Ich will den Beitrag zur privaten Krankenversicherung reduzieren. Wie geht das am besten?
Die für Sie beste Variante kann nur individuell festgestellt werden. Am vernünftigsten ist es, wenn Sie sich zunächst das Sparpotential ausrechnen lassen, welches sich durch einen Tarifwechsel innerhalb Ihres Unternehmens ergeben würde. Auf einen solchen Wechsel haben Sie einen Rechtsanspruch.
Außerdem bleiben Ihnen alle Alterungsrückstellungen erhalten, die Sie beim Wechsel zu einem anderen Unternehmen verlieren würden. Eine Gesundheitsprüfung wäre nur dann notwendig, wenn der neue Tarif höhere Leistungen beinhaltet. Die Prüfung gilt dann aber nur für die neuen Leistungen. Allerdings können Sie auch darauf verzichten.
Abgesehen vom Tarifwechsel können Sie auch durch Erhöhung des Selbstbehaltes oder durch Leistungsverzicht sparen. Der Standardtarif für langjährig Versicherte sollte nur in finanziellen Notlagen in Erwägung gezogen werden.

Zwischen Studienende und Arbeitsbeginn werde ich drei Monate pausieren. Derzeit bin ich noch in der Krankenversicherung der Studenten gesetzlich versichert. Wie geht es in den drei Monaten mit der Krankenversicherung weiter?
Die Krankenversicherung der Studenten endet mit ihrem letzten Semester. In der Zeit bis zum Arbeitsbeginn können Sie sich nur freiwillig gesetzlich versichern. Das kostet ungefähr 160 Euro pro Monat. Wenn Sie verheiratet sind, können Sie in diesen drei Monaten beitragsfrei familienversichert werden, sofern Ihre Einkünfte unter 415 Euro im Monat liegen. Mit Arbeitsbeginn werden Sie gesetzlich pflichtversichert.

Ich bekomme neben meiner Alters- eine Betriebsrente. Muss ich tatsächlich unterschiedliche Beiträge für die beiden Rentenarten zahlen?
Ja. Für die Altersrente zahlen Sie 7,3 Prozent Ihrer Altersrente plus den kassenindividuellen Zusatzbeitrag. Weitere 7,3 Prozent zahlt die gesetzliche Rentenversicherung an die Kasse beziehungsweise den Gesundheitsfonds. Für Betriebsrenten müssen Sie tatsächlich den vollen Beitragssatz allein zahlen. Das hat der Gesetzgeber so beschlossen.

Ich möchte mich privat krankenversichern. Wegen einer Vorerkrankung soll ich entscheiden, ob ich einen Risikozuschlag zahle oder einen Leistungsausschluss für die Behandlungen im Zusammenhang mit der Vorerkrankung akzeptiere. Was ist sinnvoller?
In der Regel ist es besser, den Risikozuschlag zu zahlen. Damit sind dann sämtliche Therapien oder Medikamente entsprechend des Tarifs versichert. Sollte die Erkrankung später einmal ausgeheilt sein, kann der Risikozuschlag auch wegfallen.

Ich bin als Arbeitnehmer aufgrund meines Gehaltes freiwillig gesetzlich versichert, könnte mich aber auch privat versichern. Lohnt sich das mit 58 Jahren noch?
In Ihrem Alter eher nicht. Zum einen spielt natürlich die Gesundheitsprüfung für jeden Neuvertrag eine Rolle. Selbst wenn Sie kerngesund sind, ist nicht zu unterschätzen, dass bis zum Rentenbeginn zu wenig Zeit zur Verfügung steht, um nennenswerte Alterungsrückstellungen zu bilden. Entsprechend hoch dürfte dann der Beitrag für einen leistungsstarken Tarif sein. Wenn Sie höhere Leistungen als die der gesetzlichen Kasse haben möchten, sollten Sie sich über private Zusatzversicherungen informieren lassen.

Ich bin selbstständig tätig und werde zusätzlich eine Festanstellung annehmen. Derzeit bin ich freiwillig versichert und zahle den Beitrag allein. Ändert sich da etwas mit Beginn der Festanstellung?
Hier prüft die Krankenkasse, welche Einkünfte dominieren. Im Prinzip werden Sie mit einem Angestelltengehalt von über 450 Euro monatlich gesetzlich versicherungspflichtig und zahlen Arbeitnehmeranteil zur Kranken- und Pflegeversicherung. Sind Sie jedoch weiterhin hauptberuflich selbstständig tätig, bleiben Sie weiter freiwillig versichert und zahlen auf alle Einkünfte - einschließlich dem Gehalt aus der Festanstellung - den Kassenbeitrag allein. Für eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit spricht beispielsweise, dass dafür mindestens eine 20-Stundenwoche aufgewendet wird und mindestens 1452,50 Euro monatlich verdient werden. Letztlich werden die genauen Umstände individuell von der Kasse geprüft.

Ich bin Studentin, über meinen Vater noch beihilfeberechtigt und privat krankenversichert. Wie geht es mit der Krankenversicherung weiter, wenn die Beihilfe endet?
Sie bleiben auf jeden Fall privat versichert, da Sie sich zu Studienbeginn so entschieden hatten. Nach Ende der Beihilfe können Sie in den privaten Studententarif wechseln. Der beinhaltet allerdings geringere Leistungen als ein normaler Erwachsenentarif. Am besten Sie vergleichen verschiedene Tarife. Sollten Sie einen anderen als Ihren derzeitigen Versicherer bevorzugen, sollten Sie bedenken, dass dann eine neue Gesundheitsprüfung obligatorisch ist.

Ich will mich beruflich selbstständig machen und erst einmal gesetzlich versichert bleiben. Wonach richtet sich dann der Beitrag?
Sobald Sie hauptberuflich selbstständig sind, werden Sie so genanntes freiwilliges Mitglied Ihrer Kasse. Damit werden alle Ihre Einkünfte für die Beitragsbemessung berücksichtigt - neben dem Erwerbseinkommen also auch Zinseinkünfte oder Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Das alles gilt bis zum Bemessungsgrenze von 4237,50 Euro monatlich. Der Höchstbeitrag für die Kranken- und Pflegeversicherung liegt in diesem Jahr bei rund 718 Euro monatlich. Der kassenindividuelle Zusatzbeitrag kommt noch hinzu.
Bei Selbstständigen hat der Gesetzgeber auch einen Mindestbeitrag festgelegt. Ausgehend von einem Mindesteinkommen von 2178,75 Euro ergibt sich daraus ein Beitrag von etwa 369 Euro monatlich. Ihr Beitrag als "Neu-Selbstständiger" kann zunächst nur auf Basis einer Schätzung Ihrer Einkünfte festgelegt werden. Wenn der erste Steuerbescheid vorliegt, ist er Grundlage für die künftigen Beiträge.

Ich habe meine Selbstständigkeit beendet und dies auch meiner gesetzlichen Kasse mitgeteilt. Sie will trotzdem Auskünfte über meine Einnahmen haben. Ist das gerechtfertigt?
Ja. Auch nach Ende der Selbstständigkeit bleiben Sie zunächst freiwillig versichert. Dabei werden alle Ihre Einkünfte bis zur Bemessungsgrenze von 4237,50 Euro monatlich berücksichtigt - dazu zählen auch Mieteinnahmen oder Kapitaleinkünfte. Haben Sie nichts von dem, ist trotzdem der Mindestbeitrag von rund 160 Euro im Monat zu zahlen. Wenn Ihre Frau gesetzlich versichert ist, können Sie bei ihr beitragsfrei familienversichert werden. In diesem Fall ist auch ein 450-Euro-Job zulässig oder ein Zuverdienst in Höhe von maximal 415 Euro im Monat.

Lesen Sie hier, wie Sie ohne großen Aufwand die Krankenkasse wechseln können.