Die Balkanzentren in Bamberg und Ingolstadt, offiziell heißen die Einrichtungen eigentlich "Ankunfts- und Rückführungseinrichtung (ARE) für Asylbewerber mit geringer Bleiberechtswahrscheinlichkeit", könnten, kaum in Betrieb, schon in absehbarer Zeit für erweiterte Zwecke genutzt werden. Zum Beispiel als ganz normale Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende. Dann nämlich, wenn die Zahl der Flüchtlinge aus den Balkanländern deutlich zurückgehen würde. Vorstellbar wäre das durchaus, so ein Sprecher im bayerischen Innenministerium. Man wolle zwar keine Prognosen abgeben, aber für eine solche Entwicklung spreche viel. Entsprechende Informations-Initiativen der Bundesregierung in Ländern wie Mazedonien, Albanien und dem Kosovo hätten bereits erste Wirkungen gezeigt.Noch vor wenigen Jahren war es gängige Praxis, dass mit Herbstbeginn eine große Zahl von Flüchtlingen aus diesen Ländern nach Bayern einreiste, um hier einen Asylantrag zu stellen. Eine Erfahrung, die Werner Staritz, Leiter der Zirndorfer Erstaufnahmeeinrichtung, wiederholt machen durfte. Rückte das Frühjahr näher, zogen die Asylsuchenden ihren Antrag wieder zurück und kehrten freiwillig in ihre Heimatländer zurück. Dieses Vorgehen eröffnete ihnen die Möglichkeit, im darauffolgenden Herbst erneut einen Asylantrag stellen zu können. Möglich war das nur, weil die Bearbeitung der Asylanträge sich bislang ein halbes Jahr und länger hinzog. Mit den jetzt eröffneten Balkanzentren und der damit verbundenen Beschleunigung der Verfahren -vorgesehen ist ein Zeitraum von vier bis fünf Wochen - dürfte sich diese "Praxis" überlebt haben. Alle Behörden vor Ort Möglich wird eine solche Beschleunigung, weil alle für die Bearbeitung nötigen Stellen in diesen Zentren vorgehalten werden. Nach der Registrierung führt das Gesundheitsamt vor Ort die notwendigen medizinischen Untersuchungen durch, der Asylantrag plus die dazugehörige Anhörung erfolgt bei der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Werden im Fall einer Ablehnung Rechtsmittel eingelegt, sind diese ebenfalls vor Ort bei der Rechtsantragstelle des zuständigen Verwaltungsgerichts möglich. Zudem erfährt derzeit auch die Abschiebepraxis eine grundsätzliche Verschärfung. Noch im Jahr 2014 verhielt es sich so, dass es etwa 200 000 Asylanträge gab, aber nur 10 884 Abschiebungen vorgenommen wurden. Was in der Praxis nichts anderes bedeutete, als dass die Asylbewerber, egal ob ihr Asylantrag befürwortet oder abgelehnt wurde, zum allergrößten Teil im Land bleiben konnten. Weil kaum abgeschoben wurde. Eine Praxis, die sich mit den Balkanzentren überholt hat, weil deren Existenz und die unmittelbar erfolgende Abschiebung zusammengehören. Die Liegenschaften sowohl in Manching wie auch in Bamberg wurden vom Freistaat für einen Zeitraum von zehn Jahren angemietet. Was dafür spricht, dass die Einrichtung länger bleibt. Wenn nicht als Balkan-, dann eben als Erstaufnahmezentrum.Kommentar:Gangbarer WegSprechen wir nicht von "Asylmissbrauch", sprechen wir vielmehr von "gängiger Asylpraxis". Zum Beispiel jener Form von Überwinterungshilfe für Menschen aus diversen Balkanländern, die jetzt unter anderem zur Einrichtung sogenannter Balkanzentren führt. Um Asylanträge mit geringer Erfolgsaussicht rasch bearbeiten zu können. Und um damit die nicht unerschöpflichen Kapazitäten für Flüchtlinge im Land besser für die nutzen zu können, die tatsächlich politisches Asyl benötigen. Das klingt hart, ist es wohl auch. Es ändert nichts daran, dass es sich im Falle der Balkanländer meist um Wirtschaftsflüchtlinge handelt, im Fall Syriens oder Iraks um Opfer eines brutalen Bürgerkriegs. Nicht zuletzt deshalb fordern ja Politiker nahezu jeder Couleur beschleunigte Asylverfahren. Die Balkanzentren sind da sicher ein gangbarer Weg. Für die innerhalb weniger Wochen von Abschiebung Betroffenen gleichwohl ein ungemein harter. Wieder zurückgekarrt in eine Heimat, die keine Perspektive bieten kann, das ist alles andere als schön. Die einzige Alternative wäre hier Hilfe vor Ort. Unabhängig vom Recht auf politisches Asyl. Wir Deutsche dürfen allerdings nicht glauben, wir könnten das Flüchtlingsproblem allein lösen. Oder den Bürgerkrieg in Syrien beenden. Was wir können? Platz und Kapazitäten schaffen für politisch Verfolgte. Diese Verpflichtung haben wir.