Koblenz
Koblenzer Stadtgeschichte

Mysteriöse Koblenzer "Lumpenglocke" läutet um 22 Uhr: Was hat es damit auf sich?

In Koblenz wunderte sich eine Frau kürzlich über das abendliche Läuten der Glocken der Liebfrauenkirche. Um 22 Uhr abends läuten die Glocken. Warum ist das so? Erklärung und Ursprung der "Lumpenglocke"
Liebfrauenkirche in Koblenz: Einer der vier Glocken läutet täglich um 22 Uhr
Seit Jahrhunderten läutet eine der Glocken pünktlich um 22 Uhr. Der ursprüngliche Nutzen der Tradition besteht heutzutage so nicht mehr. Foto: Holger Weinandt (Wikipedia)

Das Koblenzer Glockenläuten der Liebfrauenkirche um 22 Uhr sorgte in einer öffentlichen Facebook-Gruppe aus Koblenz für reichlich Gesprächsstoff. Eine verwunderte Nutzerin fragte kürzlich nach der Bedeutung des Läutens. 

In den Kommentaren unter dem Beitrag vom Dienstag, 21. Mai 2024, wurde sie von mehreren Nutzern über das mysteriöse Läuten aufgeklärt. Dabei fiel der Begriff der "Lumpenglocke". Doch was hat es mit der mysteriösen Glocke und ihrem Namen auf sich?

Abendliches Glockengeläut in Koblenz: Ursprung des täglichen Läutens der "Lumpenglocke"

Laut der Webseite Rheinsteig hängen im Glockenstuhl des Nordturms der Kirche vier unterschiedlich große Glocken übereinander. Eine davon ist die Barbaraglocke. Der Turmwächter läutete bis ins Jahr 1893 die "Barbaraglocke", oder auch "Lumpenglocke" genannt, um 22 Uhr. Ihr Läuten sollte damals signalisieren, dass die Stadttore geschlossen werden oder die Sperrstunde beginnt.

Die Namensgebung geht der Webseite Nicko Cruises Schiffsreisen auf die "Zecher" oder "Lumpen" zurück, die noch herumstreunten und so daran erinnert wurden, rechtzeitig nachhause zu gehen. Wenn die Stadttore bereits verschlossen waren, mussten sie vor den Toren schlafen. Als Erinnerung an die damalige Zeit läutet die "Lumpenglocke" auch heute noch um 22 Uhr. Bis zum nächsten Morgen folgt dann kein weiteres Glockengeläut

Vor über 800 Jahren wurde die katholische Liebfrauenkirche auf dem höchsten Punkt der Altstadt erbaut. Die Pfarrei St. Kastor ging um 1200 aus der Pfarrei Liebfrauen hervor. Sie siedelte sich in der Koblenzer Unterstadt an. Da die Liebfrauenkirche in der Oberstadt liegt, nennt man sie seitdem nach Koblenzer Mundart "Owerpfarrkerch". 

Geschichtsstunde mal anders: Bekannte Koblenzer Nachführung mit Manfred Gniffke 

Weitere interessante Geschichten und Anekdoten rund um Koblenz erfahren Interessierte bei einer Nachtführung mit dem Stadtführer Manfred Gniffke. Dem Wartburg-Verlag und der Webseite des Koblenzer Oberbürgermeisters Joachim Hofmann-Göttig nach führt der 85-Jährige seit über 38 Jahren Besucher regelmäßig entlang historischer Orte in seiner Heimatstadt. Gniffke verfasste sechs Bücher rund um Koblenz, wie etwa sein Werk "Spurensuche in Alt-Koblenz". 

Die Koblenzer Liebfrauenkirche ist seit 2002 Teil des UNESCO-Welterbes Oberes-Mittelrheintal. Ähnliche "Lumpenglocken", teilweise unter anderem Namen, aber mit ähnlicher Funktion gab es auch in anderen deutschen Städten wie in Mainz (St. Quintin Kirche) oder in Trier (St. Gangolf Kirche). Darüber hinaus ist sie geschütztes Kulturdenkmal unter dem Denkmalschutzgesetz (DSchG). 

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